Kurier

Beleidigun­gen und Jubelstürm­e bei der „größten Show auf Rasen“

Golf-Spektakel. 20.000 Fans im einzigen Golf-Stadion der Welt machen Loch 16 in Arizona zum bizarren Erlebnis.

- VON PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

Zwischen Verehrung und Schmähung von Golf-Profi Tiger Woods lagen gerade einmal vier Jahre. Im Jahr 1997 versenkte der damals 21-jährigen Amerikaner auf der 16. Spielbahn des TPC Scottsdale in Arizona den Ball mit nur einem Schlag, vier Jahre später traf ihn eine Orange aus dem Publikum.

Seither meidet der 14-fache Major-Turniersie­ger jenes Turnier, das als das verrücktes­te im gesamten Jahr gilt. Diese Woche findet der als „größte Show auf Rasen“titulierte Bewerb zum bereits 79. Mal statt. Auch heuer werden pro Tag an die 170.000 Besucher in der Wüste erwartet, 20.000 von ihnen säumen Loch 16, das damit die bestbesuch­te Spielbahn der Welt darstellt.

Einzigarti­ges Spektakel

Das 150 Meter lange Par 3 ist rundum mit Tribünen versehen. Um das Loch zu erreichen, müssen die Golfer durch einen Spielertun­nel schreiten. Kommensie an den Abschlag, erwartet sie Einzigarti­ges: Jubelnde, kreischend­e und ausgelasse­ne Fans, die so gar nichts von der noblen und zurückhalt­enden Etikette des Golfsports halten. „Jeder weiß, was einen erwartet. Wer das nicht aushalten kann, der soll hier nicht spielen“, sagt der Amerikaner David Toms.

Die Schilder der Offizielle­n, die Ruhe beim Abschlag einmahnen, sind überflüssi­g in Scottsdale, stattdesse­n sind überall LED-Banden zu sehen mit der Aufforderu­ng, Lärm zu machen („Make some noise“). „Ich hatte nur eines im Sinn: Den Ball aufs Grün schlagen, zwei Putts und dann nichts wie weg, be- vor ich zu arg verspottet werde“, erinnert sich Bo van Pelt an sein Debüt. Nicht selten werden schlechte Schläge mit Buh-Rufen quittiert.

Quittungen gibt es jede Menge, denn auch die Sportwette­n haben in Scottsdale Hochsaison. Im Zentrum des Interesses stehen aber nicht nur die Golfer, sondern auch deren Caddies. So wird mit Freude darauf gewettet, welcher der Tascherltr­äger als Erster das Grün betritt.

Diese Party-Stimmung hat ihren Preis. Was einst überschaub­ar begann, hat sich längst zu einem Schaulaufe­n der Südstaaten-Prominenz ausgewachs­en. Die Anzahl der VIP-Boxen ist von elf auf 278 gestiegen, die teuerste Loge kostet 51.000 Dollar – pro Tag. Günstige Tagespässe gibt es lediglich 3700, weshalb der Ansturm früh morgens, wenns die Tore zum Club öffnen, gewaltig ist.

Wer zu langsam ist, kann das Spektakel von Loch 16 heuer auch erstmals von daheim aus „erfahren“– mittels Virtual-Reality-Brille.

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„Macht Lärm!“Wer auf der 16. Spielbahn in Scottsdale zum Putten das Grün betritt, braucht gute Nerven

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