Der Sohn des großen Häuptlings
Jeep Compass. Der zweitkleinste Jeep macht in der Praxis gute Figur mit seiner Vielseitigkeit
Die Verwirrungen der Vergangenheit sind Geschichte. Besetzte die Marke seinerzeit unter Daimler-Regie das Feld der kompakten SUV mit zwei praktisch gleich großen Modellen gleichzeitig (Compass und Patriot), so ist die Jeep-Familienaufstellung heute als Teil von FCA (Fiat-Chrysler) doch wesentlich schlüssiger.
Gibt der Renegade den robusteren Verwandten des technisch identen Konzernbruders Fiat 500X, setzt sich der neue Compass – obwohl ebenfalls auf die gleiche Technik vertrauend – deutlich nach oben hin ab. Optisch geht er als Sohn des großen Stammes-Häuptlings Grand Cherokee durch und mit 4,39 mLänge ist er dennoch kein Feind von Parklücken.
Im Innenraum bietet er dabei merkbar mehr Platz als der Renegade, was man vor allem im Fond und beim Kofferraum merkt. Dieser bietet nicht nur in der Grundkonfiguration mehr Stauraum. Durch die im Verhältnis 40:60 geteilt umlegbare Rückbank und die Skisack-taugliche Durchreiche in der Mitte ist er sehr variabel erweiterbar.
Was das Passagierabteil betrifft, so sammelten die Sitze auch auf Langstrecke Pluspunkte. Der Arbeitsplatz des Piloten wirkt aufgeräumt, die notwendigen Bedienungseinheiten liegen gut zur Hand. Der Rest wird über das Betappen des Bildschirms ober der Mittelkonsole befehligt, was allerdings auch hier mehr vom eigentlichen Job des Fahrers ablenkt, als es für die Verkehrssicherheit gut wäre.
Aber immerhin funktioniert die Spracheingabe einwandfrei, womit das Problems elegant lösbar ist.
Im Fahrbetrieb merkt man rasch, dass der Motor ein eher knurriger Geselle ist, der zwar nie ungebührlich laut wird, aber akustisch immer präsent bleibt. Mit 140 PS fühlt man sich immer ausreichend motorisiert. Dabei wirkt die 9-GangAutomatik wie eine leichte Überversorgung für den Motor, der seine 350 Nm ohnehin schon ab 1750 Touren zur Verfügung stellt. Sie ist vor allem im Stadtverkehr ständig am Schalten, um den jeweils besten Gang zu nutzen, wenn dieser auch manchmal nur sehr kurz eingesetzt wird.
Weniger wäre mehr
Das bringt manchmal mehr Unruhe ins Geschehen als notwendig und lässt den Verdacht keimen, dass hier weniger mehr gewesen wäre. Zumal der Realverbrauch im Winterbetrieb mit mehreren Passagen mit permanentem Allradantrieb und teilweise vollbeladen mit knapp über 8 Litern zwar im soliden Bereich lag (auch ein 7er vor dem Komma war bei weniger fordernden Bedingungen drin), aber den hohen technischen Aufwand nicht unbedingt nachvollziehbar machte.
Sehr wohl nachvollziehbar ist hingegen der Aufwand für das eines echten Jeep würdigen Allrad-Systems mit mehreren, auf den jeweiligen Untergrund ab- gestimmten Fahrprofilen. Mit ihm lässt es sich recht seriös ins Gelände auf brechen, wo Rampenwinkel und Wattiefe keine leeren Worthülsen für den Prospekt sind. In der Normalstellung für die Straße versieht nur der Frontantrieb Dienst, der erst bei Bedarf durch die Hinterachse unterstützt wird.
Was den Compass in der getesteten Version zu einem würdigen Repräsentanten seines Stammes macht, der unter all den Geländewagen-Darstellern, welche die Kompakt-SUVWelle herangeschwemmt hat, die echten Werte hochhält.
Ohne sich im GroßstadtDschungel mit aufgesetzter Knorrigkeit im Weg zu stehen.
Fazit:
Gutes Verhältnis von Außen-Abmessungen und Raumangebot, solide Fähigkeiten im Gelände, problemloses Fahrverhalten. Motor-Getriebe-Abstimmung, langsamer Bordrechner.