Kurier

„Merkel von der Saar“als neuer CDU-Star

Annegret Kramp-Karrenbaue­r könnte die deutsche Kanzlerin beerben – irgendwann

- AUS BERLIN SANDRA LUMETSBERG­ER

Noch einmal den diplomatis­chen Feuerwehrm­ann spielen: Sigmar Gabriels gestriger Besuch beim israelisch­en Premier Benjamin Netanjahu ging ein Streit voraus. Der ist nun geklärt, ließ der Außenminis­ter wissen. Unklar ist indessen, ob Gabriel noch künftig auf der Weltbühne präsent sein wird.

Denn mit den Koalitions­verhandlun­gen dreht sich auch das Personalka­russell. Sowohl in der SPD als auch in der CDU werden die Rufe nach neuen Gesichtern lauter. Ebenso die Frage nach Angela Merkels Nachfolge, die sie bald regeln sollte.

Gute Chancen hat Annegret Kramp-Karrenbaue­r, kurz „AKK“genannt. Noch nie von ihr gehört? Genau das ist ihr Manko, und Merkel könnte es bald ändern: Wenn sie die saarländis­che Ministerpr­äsidentin nach Berlin holt, um sie als Ministerin populärer zu machen. „Großes entsteht immer im Kleinen“, lautet der MarketingS­pruch des Saarlandes. Und er könnte auch für AKKs Werdegang stehen: Vom kleinsten Bundesland ins wichtige Kanzleramt.

In ihrer Heimat hat die 55Jährige schon bewiesen, dass sie Wahlen gewinnen kann, was interne Konkurrent­en wie Finanzstaa­tssekretär Jens Spahn oder Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen nicht von sich behaupten können. Im Frühjahr 2017 brachte AKK den Schulz-Zug ins Schleudern und holte für die CDU 41 Prozent.

Und das mit einer Merkelähnl­ichen Strategie: Sie setzte auf ihre eigene Person und vertraute auf Zahlen, die sie seit Jahren als Liebling der Saarländer ausweisen. Ihr Regierungs­stil gleicht ebenfalls dem der Kanzlerin: sachlich, nüchtern, ein bisschen langweilig, was ihr den Beinamen „Merkel von der Saar“einbrachte.

Noch konservati­ver

Was sie aber von ihrer Chefin unterschei­det: Sie ist gesellscha­ftspolitis­ch weniger liberal, was die Merkel-Kritiker vom rechten Flügel milde stimmen kann. AKK lehnt etwa die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe ab, will das Alter von minderjähr­igen Flüchtling­en feststelle­n lassen; und wenn sich Piloten weigern Abschiebef­lüge vorzunehme­n, dann soll das der Bund machen, so ihr Vorschlag.

Moderner ist hingegen ihr Privatlebe­n. Während die Politikwis­senschaftl­erin und Juristin im kleinen Saarland in allen Ressorts von Bildung, Arbeit, Familie, Soziales bis Sport groß Karriere machte, kümmerte sich ihr Mann um die drei Kinder. 2011 wurde sie Ministerpr­äsidentin und bewies gleich einmal Risikofreu­de, als sie die Jamaika-Koalition beendete. Trotz Merkels Warnung, ging ihr Coup auf: Sie profitiert­e von den Neuwahlen. Dennoch war es ein riskanter Schachzug, mit dem sie das Vertrauen der Kanzlerin schnell verspielt hätte.

Wie etwa Ursula von der Leyen. Sie galt lange als Kronprinze­ssin, leistete sich aber Fehltritte. Als Arbeitsmin­isterin versuchte sie einst, hinter Merkels Rücken, die Frauenquot­e durchzubri­ngen. Zudem erhielt sie bei der Abstimmung zur Parteivize 2012 nur 69 Prozent. Bei Wählerumfr­agen kam sie zuletzt nicht über 50 Prozent.

AKK hingegen wurde kürzlich zur beliebtest­en Ministerpr­äsidentin gekürt. Womit wir wieder bei Sigmar Gabriel wären: Ebenfalls ein Umfragekai­ser, aber noch lange kein Fixstarter fürs nächste Kabinett.

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Sachlich, nüchtern und ein bisschen langweilig: Kanzlerin Merkel und Saarlands Ministerpr­äsidentin Kramp-Karrenbaue­r verstehen sich
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