Ein Arzt mit vielen Berufen
Primarärzte sind heute deutlich mehr in der wirtschaftlichen Verantwortung. Die Zeiten, in denen leitende Ärzte frei von Verwaltungsaufgaben waren, sind längst vorbei.
Steigender Kostendruck, hoher administrativer Aufwand und ein Mangel an jungen Ärzten haben die Situation an den Krankenhäusern deutlich verändert. „Neben der reinen Medizin hat ein Primararzt viele Aufgaben, von denen Patienten kaum etwas mitbekommen“, sagt Primar Dr. Werner Saxinger, MSc.
Der Arzt am Klinikum WelsGrieskirchen, Standort Wels, spricht als Primarärztevertreter der Ärztekammer für OÖ aus eigener Erfahrung: „Die Herausforderungen haben sich in den vergangenen zehn Jahren vervielfacht. Der Aufgabenbereich eines Primararztes umfasst mittlerweile mehrere Berufe gleichzeitig.“Neben den klassischen medizinischen Aufgaben ist ein Primar verantwortlich für die Personalführung seines Teams, für Aus- und Fortbildung, für Studienzwecke, für Forschung und Entwicklung, ist Ansprechpartner für die Pharmaindustrie und fürs Spitalsmanagement.
Als medialer Meinungsbildner kommt ihm eine wichtige Funktion in der Gesundheitspolitik zu. Dr. Peter Niedermoser, Präsident der Ärztekammer für OÖ, bestätigt diesen Faktor: „Primarärzte fungieren zusätzlich als gefragte kompetente Berater, um Rahmenbedingungen und notwendige Strukturen festzulegen.“
Aufgaben w achsen,Unterstützung hinktnach
„Durch diese Fülle an Mehraufgaben wachsen natürlich die Herausforderungen“, sagt Primar Dr. Saxinger. „Allerdings ist die Unterstützung für die meis- ten Abteilungsleiter dabei nicht entsprechend mehr geworden. Die Kernbereiche der Aufgaben muss man oft selbst erledigen und hat keine administrativen Hilfen zur Verfügung, wobei das für mein Haus meist sehr gut geregelt ist.“Grundsätzlich gilt: Die Größe einer Abteilung korreliert fast nie mit einer steigenden Unterstützung – im Gegensatz zu jenen Bedingungen, die man oft in der Wirtschaft vorfindet.“
Diese schwierige Balance zwischen Medizin und Management empfindet ein Großteil der leitenden Ärzte Oberösterreichs als fordernd. Laut einer Umfrage des Ärztlichen Qualitätszentrums im Auftrag der Ärztekammer für OÖ schätzen 43,9 Prozent der befragten Ärzte den täglichen Zeitaufwand für administrative Tätigkeiten auf zwei bis vier Stunden, bei 18,4 Prozent liegt er sogar bei mehr als vier Stunden. Zwei der meistgenannten Aspekte für diesen Mehraufwand sind überbor- dende Bürokratie und fehlende Sekretariatsunterstützung. Primar Dr. Saxinger: „Es soll wieder einmal darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Beruf des Primararztes mittlerweile vor völlig anderen Herausforderungen steht und entsprechend Respekt verdient.“