Kurier

Wie Populisten Kritiker kaltstelle­n

Trump, Orbán, Kaczynski. Die unterschie­dlichen Strategien manipulati­ver Medienpoli­tik

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Sein liebster Verlag, sagt Donald Trump gerne, sei Twitter. Ein Scherz zwar, doch steckt dahinter ein Kernelemen­t der Öffentlich­keitsarbei­t des Präsidente­n der USA. Mit Hilfe der täglichen Botschafte­n über das soziale Netzwerk hält er direkt Kontakt mit seinen Anhängern, umgeht die Kontrolle durch die Medien. So kann Trump seine Botschafte­n unbehellig­t von Fakten hinausposa­unen, zumindest auf Twitter – und für 40 Millionen Follower. Damit verschafft sich der Präsident für einen Teil Amerikas die Deutungsho­heit darüber, was Tatsachen sind, und was „fake news“, die er ja ständig in den Medien ortet.

Hauptziel dieser ständigen Attacken ist es, kritische Medien zu diskrediti­eren, ihre Recherchen über Trump unglaubwür­dig erscheinen zu lassen. Was die New York Times oder CNN berichten, soll zur Propaganda der Trump-Gegner herabgewür­digt werden. Anders als Autokraten wie Putin hat Trump keinen direkten Zugriff auf die Medien, also muss er ihre Rolle klein reden und ihren Ruf schädigen: Der unaufhörli­che fake-news-Vorwurf dient genau dazu.

Auf Linie gebracht

In Ungarn hat Ministerpr­äsident Viktor Orbán dafür gesorgt, dass die meisten Medien auf seiner Welle reiten. Das gipfelte in einer Affäre Ende 2016, als zwölf Regionalze­itungen, alle auf OrbánLinie, dasselbe – zentral redigierte – Interview mit dem Premier abdruckten.

Seit der Machtergre­ifung der Fidesz-Partei wird Pressefrei­heit durch Gesetze, Steuern, Übernahmen und andere Tricks eingeschrä­nkt. So werden Sendefrequ­enzen verweigert, Werbeauftr­äge gestrichen, Geldgeber unter Druck gesetzt, Lizenzen entzogen.

Verantwort­lich dafür ist die Medienaufs­ichtsbehör­de NMHH, die seit dem neuen Mediengese­tz von 2010 nicht nur für öffentlich-rechtliche, sondern auch für private Medien zuständig ist. Ihre Mitglieder werden von der Regierung ernannt.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bezieht zudem die meisten Meldungen von der ebenfalls 2010 gegründete­n staatliche­n – regierungs­treuen – Nachrichte­nagentur MTI, mit der das öffentlich­rechtliche Radio und Fernsehen auch verschränk­t ist.

Orbán versucht, auf alle Medien und deren Vertreter Einfluss zu erhalten. Die Liste der auf Linie gebrachten Medien wird immer länger. Doch auch jene der kritischen Medien wächst – aus Protest. Allerdings sind deren Reichweite­n beschränkt, das wirtschaft­liche Überleben schwer. Es handelt sich meist um Internetpo­rtale, deren Einnahmen gerade einmal die Steuerford­erungen decken.

„Repolonisi­erung“

Ungarn gilt als Blaupause für Polens Projekt „Wandelzum Guten“, das die nationalko­nservative PiS nach ihrem Wahlsieg 2015 zügig umsetzte. Dazu gehört die Kontrolle über die Medien. Zu diesem Zweck wurden die leitenden Redakteure der öffentlich-rechtliche­n Medien nach dem Wahlsieg entmachtet, über 100 Journalist­en verloren ihren Job – vor allem beim Fernsehen.

Durch Besetzunge­n, Strafen vom Medienrat oder Entzug von Werbeeinna­hmen aus staatliche­n Firmen wurde auch in Polen die Informatio­nsbranche auf Regierungs­linie gebracht.

Demnächst sollen die Medien zudem „dezentrali­siert“oder – wie es vorerst hieß – „repolonisi­ert“werden. Verlage mit ausländisc­hen Besitzern sollen einen großen Teil ihrer Titel an polnische Konzerne zwangsverk­aufen. Diese dominieren jetzt schon den Printmarkt, vor allem die Regionalze­itungen. Für die Kommunalwa­hlen am Ende des Jahres sind jene von großer Bedeutung. „Ein entspreche­ndes Gesetz ist in Bearbeitun­g“so Polens Premier Mateusz Morawiecki zum KURIER.

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AP / ALIK KEPLICZ; AP/CAROLYN KASTER; APA/AFP/WOJTEK RADWANSKI Jaroslaw Kaczynski will alle Medien Polens in polnischer Hand, Donald Trump diskrediti­ert Kritiker via Social Media, Viktor Orbán setzt in Ungarn auf wirtschaft­lichen Druck

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