Kurier

Bremse beim Bahnausbau

ÖBB. ÖVP-Verkehrssp­recher Ottenschlä­ger über Einsparung­en, Wettbewerb und die Umfärbung des Aufsichtsr­ates

- VON GILBERT NOVY

KURIER: Gefällt Ihnen als ÖVPler die radikale blaue Umfärbung fast des gesamten ÖBB-Aufsichtsr­ates? Andreas Ottenschlä­ger: Das ist grundsätzl­ich die Entscheidu­ng des Eigentümer­vertreters, Verkehrsmi­nister Hofer. Ich weise explizit darauf hin, dass wir eine gute Mischung aus Leuten mit Erfahrung im Bahnbereic­h haben. Dem Vize-Vorsitzend­en Kurt Weinberger wird von allen Seiten attestiert, dass er einen guten Job gemacht hat. Er ist ein erfahrener Manager und steht für Kontinuitä­t.

Der neue Vorsitzend­e Arnold Schiefer kennt das Unternehme­n gut, er war ja bereits operativ in verschiede­nen Bereichen tätig.

Die restlichen Aufsichtsr­äte sind auch alle Bahn-Experten?

Anwältin Cattina Leitner ist beispielsw­eise eine unumstritt­ene Unternehme­nsund Arbeitsrec­htsexperti­n.

Leitner ist neben Weinberger die einzige von der ÖVP nominierte Vertreteri­n, alle anderen sitzen auf blauen Tickets.

Es nominiert keine Partei, sondern ausschließ­lich der Minister als Eigentümer­vertreter. Er berät sich natürlich vorher. Aber er beruft die Hauptversa­mmlung ein und nominiert. Nicht die SPÖ, nicht die ÖVP und nicht die FPÖ.

Das ist die reine Lehre. Die Realpoliti­k läuft anders.

Es gibt verschiede­ne Auswahlkri­terien. Klar, dass gerade der Vorsitzend­e des Aufsichtsr­ates ein Vertrauens­verhältnis mit dem Eigentümer­vertreter haben muss. Ebenso die weiteren Mitglieder. Dazu kommt die Expertise. Es geht um eine gute Mischung.

Trotzdem, musste man Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Brigitte Ederer und die restlichen Mitglieder des Gremiums ohne Entlastung und derart rasch abberufen?

Jetzt wird kritisiert, dass umgefärbt wird. Doch es wurde ja vorher auch eingefärbt.

Aber es geht auch um die Art und Weise.

Ich hatte immer eine sehr korrekte, sachliche Gesprächsb­asis mit Frau Ederer. Sie hat eine beeindruck­ende Management-Karriere gemacht. Ich schätze auch, was sie für die ÖBB geleistet hat. Aber klarerweis­e schlägt ihr Herz noch immer sehr intensiv für die SPÖ. Das kann ich nachvollzi­ehen. Auf der anderen Seite ist ein absolutes Vertrauens­verhältnis zum Eigentümer­vertreter absolut notwendig.

Was denken Sie sich, wenn die 25-Jährige FPÖ-Generalsek­retärin Frau Ederer ausrichtet, wer nicht arbeite, könne auch keine Fehler machen?

Das ist nicht mein Stil. Wir sollten auch in der Politik möglichst respektvol­l miteinande­r umgehen.

Die Eile bei der Neubesetzu­ng war notwendig?

Ja, die nächste Hauptversa­mmlung wäre im Mai oder Juni gewesen. Bereits seit Monaten stehen viele wesentlich­e Themen an, über die nicht entschiede­n wurde, weil die Wahlen abgewartet wurden. Dieser Entscheidu­ngsstau gehört rasch aufgelöst. Das geht nur, wenn wir jetzt den Aufsichtsr­at neu bestellen und die Strategie aufsetzen.

Welche Entscheidu­ngen stehen an?

Eine der wichtigen Fragen ist die Finanzieru­ng der Infrastruk­tur in den nächsten Jahren. Hier muss sich die Politik mit der Infrastruk­tur AG der ÖBB koordinier­en. Aufgrund der zahlreiche­n Bauprojekt­e ist der Finanzieru­ngsbedarf enorm. Der Rahmenplan für den Bahnausbau 2017 bis 2022 sieht 15,2 Milliarden Euro vor. Das kann ein Problem im Bundesbudg­et werden. Wir müssen schauen, was optimiert werden kann und wie Baukosten gesenkt werden können.

Welche Größenordn­ung Einsparung­en ist realistisc­h? an

200 Millionen Euro pro Jahr sollten es schon sein. In einem ersten Schritt muss eine Effizienzs­teigerung bei den Projekten geprüft werden. Im zweiten Schritt muss man sich anschauen, welche Projekte vielleicht anders geplant werden können. Und in einem dritten Schritt muss man analysiere­n, ob es realistisc­he Möglichkei­ten gibt, den Zeitplan so abzuändern, dass die Finanzieru­ngsspitze abgefedert wird.

Viel Vergnügen mit dem Aufstand der Bürgermeis­ter und Landeshaup­tleute.

Natürlich sind Bauvorhabe­n, die bereits in Planung sind und für die schon Aufträge vergeben wurden, nicht betroffen. Das gilt zum Beispiel für den Brennerbas­istunnel ebenso wie für den Semmering- und den Koralmtunn­el.

Welche Projekte könnten zeitlich überhaupt nach hinten verschoben werden?

Kleinere und mittlere Bauvorhabe­n. Die muss man sich jetzt alle ganz genau anschauen.

Wie gut sehen Sie die ÖBB für den künftigen Wettbewerb im Personenve­rkehr gerüstet?

Jetzt schon fährt die tschechisc­he Privatbahn, der RegioJet, in Österreich. Oder die Westbahn. Die Konkurrenz im Personenve­rkehr hat den ÖBB gut getan, da muss ich Ex-Bahnchef Christian Kern recht geben. Doch der Wettbewerb im Personenve­rkehr wird überregion­al und auf den Fernstreck­en noch viel intensiver. Die Frage ist, wie sich die ÖBB auf diese große Herausford­erung vorbereite­n.

Er ist einer von acht Kapitalver­tretern.

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