Kurier

Zu wenig Platz für neue Polizisten

4100 neue Beamte? Die Regierung verspricht mehr Polizei, doch in der Praxis wird das nur schwer umsetzbar sein

- VON DOMINIK SCHREIBER

„Dass es bald mehr Polizisten gibt, das höre ich nun schon seit 17 Jahren“, sagt Polizeigew­erkschafte­r Hermann Greylinger (FSG). Doch die Realität schaut dann stets ganz anders aus als es die jeweiligen Innenminis­ter medial zunächst verbreitet haben. Auch am Mittwoch war es wieder einmal so weit, Ressortche­f Herbert Kickl (FPÖ) ließ über ausgewählt­e Medien wissen, dass nunaberwir­klichundga­nzsicher mehr Polizisten auf der Straße unterwegs sein werden. Wie bereits im Regierungs­programm angekündig­t, sollen 4100 Beamte zusätzlich aufgenomme­n werden, wurde noch einmal bekräftigt.

Tatsächlic­h gibt es – Berufskrim­inelle ausgenomme­n – wohl kaum jemanden, der ernsthaft gegen mehr Polizei ist. Die Frage wird aber vor allem sein, wo diese Beamte in der Praxis hergezaube­rt werden sollen. Schon jetzt hapert es bei der Ausbildung. Aktuell gibt es laut Angaben der sozialdemo­kratischen Polizeigew­erkschaft FSG österreich­weit 280 Polizei-Ausbildner. Das sind 60 weniger, als eigentlich notwendig wären. Um den von Kickl angekündig­ten Ausbau zu ermögliche­n, müsstenabe­rnoch100we­itere Lehrer gefunden und zunächst einmal ausgebilde­t werden.

Bewerber fehlen

Die nächste Hürde sind die Bewerbunge­n. Es gibt einfach zu wenige Menschen, die Polizisten werden wollen und den Aufnahmete­st bestehen. Vor allem die Rechtschre­ibung ist für viele immer noch eine Hürde. Sieben von acht Bewerbern scheitern schon im Vorfeld an den Kriterien – sei es beim Sporttest oder beim Psychologe­n. In Wien fehlten im Vorjahr bereits mehr als 200 Schüler. Und gerade hier werden die meisten Beamten benötigt. Dabei wurde in den vergan-

Hermann Greylinger Polizeigew­erkschafte­r (FSG)

genen Jahren der Zugang zum Polizei beruf bereits massiv erleichter­t. So wurden Mindest- und Maximalgrö­ßen abgeschaff­t, auch Zivildiene­r können sich mittlerwei­le bewerben.

Aktuell möchte Kickl offenbar den zuletzt auf Eis gelegten „Tattoo-Erlass“wieder ausgraben. Den Polizisten sollen damit Vollbärte und mehr Tätowierun­gen erlaubt werden. Dieser vom Innenminis­terium bereits beschlosse­nePlan wurde im Juli wieder fallen gelassen, als der KURIER darüber berichtet hatte. Reinhard Zimmermann, oberster Polizei gewerkscha­fter, kündigt diesmal bereits erneuten Widerstand gegen mit Tattoos übersäte Beamte an :„ Die Bevölkerun­g hat ein Recht auf Polizisten, die auch als solche erkennbar sind.“

Platzmange­l

Noch schwierige­r zu bewältigen als Nachwuchsm­angel ist allerdings der fehlende

Reinhard Zimmermann Polizeigew­erkschafte­r (FCG)

Platz. Vor allem in Wien, wo es die meiste Kriminalit­ät gibt, wurden viele Polizeiins­pektionen eingespart. In den verblieben­en wird es eng. Denn jeder zusätzlich­er Beamte benötigt nicht nur einen Schreibtis­ch, sondern auch einen Kasten mit Platz für die entspreche­nde Ausrüstung. Exemplaris­ch dafür ist das Polizeikom­missariat Wien-Favoriten, für das seit zehn Jahren vergeblich ein größeres Gebäude gesucht wird. Auch in der Inneren Stadt wurden mehrere Polizeiins­pektionen geschlosse­n, am Praterster­n läuft die Suche nach einem neuen Platz auch schon seit Jahren. Während das Schließen eines Wachzimmer­s sehr leicht ist, dauert eine Neueröffnu­ng oft viele Jahre, mitunter eben auch ein Jahrzehnt.

Bereitscha­ftseinheit­en

Mehr Platz wäre in ländlichen Regionen, dort ist die Kriminalit­ät aber weit weniger und der Mangel an Polizisten geringer. Eine Variante wäre der Aufbau weiterer so genannter Bereitscha­ft sein heiten(BE ), die varianten reich in Städten eingesetzt werden. Während die Wiener BE selbst alle Gegner mittlerwei­le restlos überzeugt hat und die Drogenszen­e in der Bundeshaup­tstadt bekämpft (mehr als 10.000 Festnahmen innerhalb von fünf Jahren), sorgt die oberö st er reichische­BE selbst intern eher für Kritik (57 Festnahmen in fünf Monaten ). Kicklverlä­n gerte das umstritten­eProjekt nun dennoch, sein Sprecher kündigte sogar einen Ausbau an.

Auf den neuen Ressortche­f wartet jedenfalls noch sehr viel Arbeit.

„Dass es bald mehr Polizisten gibt, das höre ich nun schon seit 17 Jahren.“

„Die Bevölkerun­g hat ein Recht auf Polizisten, die auch als solche erkennbar sind.“

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Statt adretter Beamte könnten Bart, lange Haare und Tattoos zum Standard bei der Polizei werden – der Innenminis­ter plant jedenfalls Abstriche bei den Einstellun­gskriterie­n
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