Juncker: „Ich war ja das Versuchskarnickel“
Eine bürgernähere EU wünscht sich Kommissonschef Juncker. Einige seiner Reformpläne haben mächtige Gegner – wie Frankreichs Präsidenten. „Dann heißen wir alle willkommen“ Interview. Kroatiens Premier Plenkovic über die Balkan-Strategie der EU
Die EU soll für ihre 500 Millionen Bürger fassbarer und bürgernäher werden, wenn es nach dem Wunsch von EUKommissionspräsident JeanClaude Juncker geht. Einen Weg dahin sieht er in der größeren Mitbestimmung der Wähler: Wenn nächstes Jahr wieder Wahlen zum Europäischen Parlament abgehalten werden, sollen die dort vertretenen Fraktionen ihren jeweiligen Spitzenkandidaten küren – und der erfolgreichste davon würde wiederum Juncker an der Spitze der Kommission nachfolgen. Dieses System der „Spitzenkandidaten“wurde 2014 erstmals angewendet, teils unter erheblichem Widerstand der EU-Regierungschefs. „Das ging nicht ohne Schmerzen“, sagte Juncker gestern in Brüssel bei der Präsentation seiner Reformpläne, „ich war ja das Versuchskarnickel“. Dennoch beharrt der Kommissionschef: Das Systemsollebeibehaltenwerden, auch wenn es keinen Automatismus gebe.
Parade-Europäer
Gegen den stellt sich ausgerechnet einer, der sich mit seinen Reformideen geradezu als Parade-Europäer präsentiert: Emmanuel Macron. Der französische Staatschef kann mit dem geplanten Verfahren zur Kür des nächsten Kommissionschefs nichts anfangen. Sein Problem: Seine Partei „En Marche“gehört im EU-Parlament keiner Parteienfamilie an. Somit kann er keinen Spitzenkandidaten präsentieren – und in letzter Konsequenz bei der Nominierung des Juncker-Nachfol- gers nicht mitreden. Diesem drohenden Machtverlust setzte Macron einen anderen Plan entgegen: Gesamteuropäische Wahllisten sollen für das EU-Parlament eingeführt werden. Das aber wiederum lehnte das – konservativ dominierte – EU-Parlament ab. Das Motiv war ein Ähnliches: Sorge vor Verlust an Macht und Einfluss. Allen sechs Ländern des Westbalkans, die der EU beitreten möchten, steht Kroatien offen gegenüber, sagt der kroatische Premier Andrej Plenkovic. Mit einer Gruppe internationaler Journalisten sprach der konservative Regierungschef über . . . . . . die nächste EU-Erweiterung. Ich bin froh, dass die Kommission nun einen entschlosseneren Zugang zur Erweiterung verfolgt. 2025 als mögliches Beitrittsdatum ist ein indikatives Datum. Aber es ist besser, als kein Datum zu nennen. Alle Länder müssen die Beitrittskriterien erfüllen, dann heißen wir alle willkommen. Wir in Kroatien haben die frischesten Erfahrungen des Beitrittsprozesses. Wir stellen unser Wissen zur Verfügung. Für uns ist Bosnien-Herzegowina eine Priorität, es gibt für uns eine historische Verantwortung. Wir wollen helfen. . . . über die Zusammenarbeit mit Serbien. Kroatien ist heute der
Juncker selbst äußerte zwar gestern Sympathie für eine transnationale Wahlliste, sieht aber keine Chance, diese bis zu den EU-Wahlen 2019 Realität werden zu lassen.„Ichhättegerne“,sagteer stattdessen,„dassinabsehbarer Zeit dafür gesorgt wird, dass wir ein Zwei-KammernSystem in Europa haben.“Dies solle sich aus dem Rat viertgrößte Investor in Serbien. 2018 ist es höchste Zeit, die Probleme zu lösen, die uns seit 25 Jahren begleiten. Dass Kroatien Opfer des Miloševic-Regimes war, hat unseren Weg zur EU erheblich gebremst. Wäre der Krieg nicht gewesen, wären wir vielleicht schon vor 2004 EUMitglied gewesen. Das hat Generationen von Kroaten gehindert, gegenüber Westeuropa aufzuholen. . . . Vizekanzler Straches Sager, dass Kosovo zweifelsohne ein Teil Serbiens sei. Lassen Sie es mich so sagen: Als Premierminister von Kroatien freue ich mich, demnächst Sebastian Kurz zum ersten Mal in seiner Funktion als Kanzler beim informellen Rat nächste Woche zu sehen. Und ich bin mir sicher, dass sich die Regierungslinie Österreichs in dieser Frage nicht geändert hat. . . . den slowenisch-kroatischen Seegrenzstreit. Dieses Problem ist ernst, sollte aber nicht der Mitgliedsstaaten und dem EU-Parlament zusammensetzen. Und er erneuerte seinen im Vorjahr geäußerten Vorschlag, sein Amt mit jenem des Ratspräsidenten zu verschmelzen: Dann gäbe es nur einen einzigen EU-Präsidenten. Gewiss ist dabei nur eines: der zu erwartende Widerstand der EU-Staats- und Regierungschefs.
überdramatisiert werden. Es gab ein Ad-hoc-Schiedsgerichtsverfahren, dessen Regeln von slowenischer Seite verletzt wurden. 2015 beschloss das kroatische Parlament, sich aus diesem Prozess zurückzuziehen. Wir akzeptieren daher das Urteil des Schiedsgerichtes nicht. Aber wir wollen an einer bilateralen Lösung arbeiten. Und wir sind viel näher dabei, eine zu finden, als es aussieht. Das schlimmste Szenario wäre, wenn dieses Problem unsere Bürger negativ betreffen würde. Beide Länder sollten unilaterale Aktionen bleiben lassen. . . . Kroatiens angepeilten Schengen-Beitritt. Er ist eine Kernagenda meiner Regierung. Wir werden bis Ende nächsten Jahres alle notwendigen Kriterien erfüllen. Die technischen Verbesserungen sieht man bereits an den Grenzen. Seit der Flüchtlingskrise im Herbst 2015 haben wir viel investiert, um unsere Grenzen zu schützen, in die Polizei, in Kontrollen und Überwachung, Kooperation mit den Nachbarstaaten, aber wir haben keine Mauern errichtet. Ob Bulgarien, Rumänien oder wir als erstes zum Schengenraum stoßen, das wage ich nicht zu beurteilen.
. . . einen Beitritt zum Euro. Alle unsere makroökonomischen Daten weisen darauf hin, dass es der richtige Zeitpunkt ist, in Richtung Euro hinzuarbeiten. Die Maastricht-Kriterien werden wir so gegen 2023, 2024 voll erfüllen.