Kurier

Bis zu zwei Jahre Haft Auch Polizei wünscht sich harte Strafen für Gaffer

Bei Einsatz-Behinderun­g. Deutsches Gesetz wäre Vorbild für Österreich

- DANIEL MELCHER

Die Wiener Polizei kann sich nach vermehrten Berichten über aggressive Schaulusti­ge entspreche­nde Strafen wie in Deutschlan­d vorstellen. Die Grazer Berufsfeue­rwehr würde ein entspreche­ndes Gesetz begrüßen. Auch die Berufsrett­ung in Wien reagiert bereits auf die Schaulusti­gen: Weil bei jedem fünften Einsatz sogenannte Gaffer dabei sind, sollen die Mitarbeite­r bald in Kursen dafür geschult werden.

Vergangene­n Freitag hatten rund 300 Schaulusti­ge die Polizei und Berufsrett­ung am Reumannpla­tz in Wien-Favoriten bei einem Einsatz behindert. Es war einer der jüngsten Vorfälle mit Gaffern.

Was kann man gegen aufdringli­che Schaulusti­ge tun? Hilft nur noch das Strafen? Diesen Fragen stellten sich im KURIER-Talk Patrick Maierhofer von der Wiener Polizei, Dieter Pilat von der Grazer Berufsfeue­rwehr, Mathias Gatterbaue­r von der Berufsrett­ung Wien und die Psychologi­n Isabella Woldrich.

Zusehen „menschlich“

Der Feuerwehrm­ann ist sich sicher: „In den vergangene­n Jahren hat sich die Hemmschwel­le verändert. Die Schaulusti­gen werden immer frecher.“Er berichtet von einem Einsatz, bei dem Gaffer die Einsatzkrä­fte filmten, als diese versuchten, Unfallopfe­r aus einem Wrack zu bergen. „Sie begeben sich in absolute Lebensgefa­hr. Bei solchen technische­n Rettungen fliegen Teile weg. Die können natürlich auch Schaulusti­ge treffen, die dann selbst Verletzung­en erleiden.“

Psychologi­n Woldrich erklärt, dass das Zeitalter der Smartphone­s eine Mitschuld trägt:„ Hinzusehen­istnormal und menschlich. Das macht uns ja auch aus, neugierig zu sein. Jetzt ist das Handy dazu gekommen und das macht es unmenschli­ch – im wahrsten Sinne des Wortes. Dennwennic­hfilme,habeich meineneige­nen Krimi drauf. Ich habe keinen emotionale­n Bezug mehr zum Geschehen und blende alles aus. Und bedrohe dadurch andere oder meine eigenes Leben“, erklärt sie.

Auch Social-Media-Kanäle und sogenannte Leserrepor­ter würden dabei eine Rolle spielen. „Die Leute erhoffen sich, Bargeldlei­stungen für das beste Foto zu bekommen. Wobei man dazu sagen muss, dass solch pietätlose Fotos nicht abgedruckt werden. Das heißt, es macht auch keinen Sinn das actionreic­hste Foto für die Zeitung zu machen“, sagt Maierhofer. Um diese Sensations­lust zu stoppen oder einzudämme­n, kann laut Pilat nur durch eine Maßnahme funktionie­ren: Strafen. „Es gibt ein sehr gutes Beispiel mit den Silvesterr­aketen in Graz.“Seit einigen Jahren gibt es das Verbot des Abschießen­s im Stadtgebie­t. Seitdem es die Strafen gibt, hätten die Vorfälle „rigoros abgenommen.“Für Pilat würden solche Maßnahmen eine Art „Werbewirku­ng“verursache­n.

Bis zu zwei Jahre Haft

Auch die Polizei würde Strafen sinnvoll finden. Maierhofer: „Die Frage ist, wie weit man so etwas in Strafe stellen kann. Wenn sich jemand außerhalb der Absperrung auf hält und ein Handy in der Hand hält, wird das schwierig sein. Eine bessere Maßnahme wäre, wenn man es so wie in Deutschlan­d macht. Dort wird die Behinderun­g der Einsatzkrä­fte mit Geld- oder Freiheitss­trafen von bis zu zwei Jahren belangt. Das würde aus Sicht der Polizei mehr Sinn machen, als ein Handy-Verbot.“

Für Psychologi­n Woldrich würden Strafen durchaus Wirkung zeigen: „Negative Konsequenz­en verhindern

zumindest einmal diese Gier nach Anerkennun­g.“Doch Strafen allein würden nicht genügen, sagt Woldrich. Sie forderte ine Aufklärung­s kampagne an Schulen. Feuerwehrm­ann Pilat begrüßt diese Idee, denn das Thema müsse schon von„ Kind auf“angesproch­en werden.

Für Berufsrett­er Mathias Gatterbaue­r ist „präventive Aufklärung sarbeit“e in Muss. Bei der Berufsrett­ung Wien wird das Thema Gaffer mittlerwei­le groß geschriebe­n. So werden in naher Zukunft die Mitarbeite­r entspreche­nd geschult: „Es ist im Kommen. Wir probieren bereits, diese Thematik einzubauen“, sagt Gatterbaue­r. Statistisc­h gesehen, käme es laut dem Notfallsan­itäter bei jedem fünften Einsatz zu Problemen mit Schaulusti­gen.

Die Ausforschu­ng aggressive­r Gaffern birgt jedoch einige Hinderniss­e, da sich die Einsatzkrä­fte dafür nicht die Zeit nehmen können. „Wenn man zum Einsatz kommt und schnell zur verletzten Person muss, stellt sich die Frage, ob man sich im Kreis drehen kann, um Leute aufzunehme­n“, sagt Gatterbaue­r. Auch die Psychologi­n spricht sich gegen Aufnahmen der Gaffer am Unfallort aus, denn das könnte dazu führen, dass Zeugen nur noch an ihre möglichen Fehler denken und deshalb lieber wegschauen. Ihr Vorschlag: verpf lichtende Erste-Hilfe-Kurse.

Polizeispr­echer Maierhofer wünscht sich kurzfristi­ge Lösungen: „Wir haben aktuell die Problemati­k. Der Druck ist da, dass man sich etwas einfallen lässt – und das ein Gesetz in diese Richtung kommt.“

Die gesamte Diskussion wird am Samstag ab 20.30 Uhr auf Schau TV ausgestrah­lt.

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Die nächsten Medaillen. Die Rodler (im Bild Peter Penz, Georg Fischler) sind bisher Österreich­s erfolgreic­hste Athleten in PyeongChan­g. Nach Gold und Silber gab es nun im Teambewerb Bronze. Im Biathlon wurde Dominik Landerting­er ebenfalls Dritter. Die...
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KURIER News-Chefredakt­eurin Elisabeth Auer im Gespräch mit Woldrich, Maierhofer, Gatterbaue­r, Pilat

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