„Neue Höchstzahl antisemitischer Vorfälle ist alarmierend“
Neuer Bericht. Oskar Deutsch, Präsident der Kultusgemeinde, fordert Politiker auf, mehr gegen Antisemitismus zu tun.
Eine jüdische Person, erkennbar an der Kippa, geht entlang der Hollandstraße im 2. Wiener Gemeindebezirk. Ein Autofahrer hält an, steigt aus und beschimpft die Person als „Scheißjude“. Danach geht der Täter einkaufen.
Beschimpfungen, tätliche Angriffe, Beschmierungen, Vandalenakte auf jüdischen Friedhöfen, Mails und Postings mit vollem Namen, der neue Antisemitismus-Bericht 2017 listet 503 gemeldete Vorfälle gegenüber Juden auf (siehe Grafik), eine Verdoppelung im Vergleich mit 2014. Die Dunkelziffer ist deutlich höher.
„Die neue Höchstzahl antisemitischer Vorfälle ist alarmierend“, sagt der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch am Donnerstag bei der Präsentation der neuesten Zahlen, die vom „Forum gegen Antisemitismus“analysiert wurden. Besorgniserregend sei die immer stärker werdende „Enthemmung der Täter. Sie leben ihre Ressentiments direkt aus“, erklärt Deutsch (ein ausführliches Interview von KURIER-Herausgeber Brandstätter mit IKG-Chef Deutsch ist ab heute, Freitag, auf KURIER-TV.at zu sehen).
Antisemitismus gibt es von rechter, linker und muslimischer Seite (siehe Grafik rechts), 62 Prozent der Vorfälle sind ideologisch nicht zuordenbar. So wird ein Beispiel aufgezeigt, wonach zwei Personen einen Juden verfolgten, „Jude“, „Heil Hitler“und „Allahu Akbar“sowie „wir sind ISIS“gerufen haben.
Deutsch beklagt, dass „Antisemitismus immer mehr zur Normalität wird“. Er erwartet sich ein entschlosseneres Vorgehen von österreichischen und europäischen Politikern gegen Judenhass und Judenfeindlichkeit. Absolutzahlen 2014–2017
465
Unbekannt
477 503 24%
Rechts
3%
Links
10%
Islam
Äußerst skeptisch ist der IKG-Chef gegenüber den Beteuerung der FPÖ, gegen Antisemitismus aufzutreten. Wenn es mit Regelmäßigkeit von einer politischen Partei zu Antisemitismus komme, „dann von FPÖ-Funktionären. Der Partei fehlt es an Glaubwürdigkeit“, sagt Deutsch.
TIPP: Vom 18.–22. Februar findet eine internationale AntisemitismusKonferenz an der Universität Wien statt. Programm unter: anendtoantisemitism.judaistik@univie.ac.at