Kurier

Die Kanzlerin und ihre verunsiche­rte Partei

CDU. Das Geläster am Koalitions­vertrag steht für eine tiefe Krise. Merkel will sie mit Vernunft behandeln

- – S. LUMETSBERG­ER, BERLIN

Wenn alle poltern, ist sie leise. Wenn es rundherum kracht, ist sie standfest: Dieses Bild versucht Angela Merkel dieser Tage zu vermitteln. Auf der Bühne beim Politische­n Aschermitt­woch gab’s keine Attacken auf andere, dafür eine Lehrstunde in Sachen Vernunft: „Es ist nicht die Zeit für ,Mit-dem-Kopfdurch-die-Wand’, sondern es ist die Zeit für Vernunft und Verstand“, referiert die Kanzlerin. Denn die Aufgabe von Politikern sei: „Zu dienen und nicht rumzumoser­n.“

Herumgemos­ert wird auch in ihren Reihen, besonders über die Ergebnisse der Koalitions­verhandlun­gen. Doch hinter dem Gejammer über die verlorenen Schlüssel-Ministerie­n steckt mehr: eine tiefe Verunsiche­rung über den Kurs der Partei, die sich schon nach dem schlechten Ergebnis bei der Bundestags­wahl breitgemac­ht hat.

Nun ist sie wieder da, wird öffentlich wie nie ausgesproc­hen. Zuletzt prangerte Norbert Röttgen, Merkels ExUmweltmi­nister, im Tagesspieg­el „eine inhaltlich­e Entleerung“an: „Noch nie in der Geschichte der CDU habe es emotional und politisch einen so weitgehend­en Vertrauens­verlust gegeben“. Damit schlägt er in dieselbe Kerbe wie andere Merkel-Kritiker: Roland Koch, Ex-Ministerpr­äsident von Hessen, Wolfgang Bosbach, Ex-Vizefrakti­onschef, und Friedrich Merz, Merkels einstiger Rivale. Es sind prominente, aber teils auch ehemalige CDUPolitik­er, die sich da zu Wort melden. Richtig gefährlich wird ihr davon keiner.

Durchaus ernst nimmt sie aber das „Sperrfeuer“der Jüngeren, die mit den Hufen scharren: Vertreter der Jungen Union und Wirtschaft­sliberale, viel konservati­ver als Merkel, trommeln für eine „Verjüngung“und wären sofort bereit, die Lücke zu füllen.

Merkels Gang ins Fernsehstu­dio am vergangene­n Sonntag, wo sie sich der Kritik stellte, war nicht nur eine Kampfansag­e, sondern auch ein Entgegenko­mmen: Jüngere, die ihre Karriere noch vor sich haben, sollen eine Chance bekommen, verkündete sie großmütig.

Ob das reicht, um die Reihen zu schließen, und wie lange sich die verunsiche­rte CDU mit Vernunft behandeln lässt, bleibt abzuwarten.

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Angela Merkel: Politiker sollen „dienen und nicht rummosern“

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