Kurier

Immer mehr Schul-Schießerei­en – und niemand weiß, warum

Massaker in Florida. Ex-Schüler holte per Feueralarm Kinder aus den Klassen und schoss: 17 Tote. Schon der 19. Vorfall ähnlicher Art in diesem Jahr

- – DIRK HAUTKAPP

2018 ist erst sieben Wochen alt. Aber das Massaker von Parkland/Florida, bei dem der 19-jährige Nikolas Cruz in seiner ehemaligen Schule 17 Menschen erschossen und 15 teilweise schwer verletzt hat, markiert in diesem Jahr bereits den 19. Vorfall dieser Art an einer amerikanis­chen Lehreinric­htung. Acht Mal starben dabei Menschen.

Das unabhängig­e „Gun Violence“-Archiv weist auf einen alarmieren­den Trend hin, ohne dafür die Ursachen freilegen zu können: Während Gewaltkrim­inalität allgemein zurückgehe, sei bei Schul-Schießerei­en ein Anstieg zu beobachten. Seit der Tragödie an der Sandy Hook- Grundschul­e in Newtown 2012 (28 Tote) wurden rund 270 ähnliche Schießerei­en in Amerika gezählt. Bilanz: 440 Verletzte, 140 Tote. Ab dem Massenmord an der Columbine Highschool in Littleton/Colorado 1999 wurden bis heute insgesamt 150.000 US-Schulkinde­r mit Waffengewa­lt konfrontie­rt.

Darum entbrannte bereits gestern der ewige Streit um schärfere Waffengese­tze aufs Neue. Während Demokraten den parteiüber­greifend von fast 80 Prozent der Bevölkerun­g unterstütz­ten Bann von Sturmgeweh­ren mit Hochleistu­ngs-Magazinen auf das Tapet brachten, warnten Republikan­er wie gewohnt vor voreiligen Schlüssen. Erst müsse ausgewerte­t werden, was sich am Valentinst­ag an der von 3200 Schülern besuchten Marjory Stoneman Douglas Highschool nördlich von Miami ereignet hat – und warum, sagte Senator Marco Rubio.

Bilder des Grauens

Die Fakten: Gegen 14.30 Uhr betritt Cruz den Campus, den er wegen Disziplinl­osigkeit 2017 verlassen musste. Bewaffnet mit einem halbautoma­tischen Schnellfeu­ergewehr vom Typ AR-15. Um die „Lockdown“-Prozeduren auszuhebel­n, bei denen sich Schüler und Lehrer bei Gefahr in Klassenräu­men ver- schanzen, löst er, mit Gasmaske und Rauchbombe­n bestückt, die Brandmelde­r aus. Zu Dutzenden laufen ihm kurz danach die Opfer vor die Mündung. Handy-Videos von panikartig flüchtende­n Schülern zeigen Szenen, die einem den Magen umdrehen. Um andere zu schützen, wirft sich der Football-Trainer Aaron Feis vor seine Schutzbefo­hlenen – und stirbt. Cruz f lieht, er wird gegen 16 Uhr beim Haus seiner Interims-Pflege-Eltern festgenomm­en.

Als sich sein Name herumspric­ht, macht sich unter den Davongekom­menen Entsetzen breit. „Wir haben immer damit gerechnet, dass er es sein wird, wenn es einmal passiert“, sagt eine 16-jährige Mitschüler­in dem TV-Sender ABC. Cruz wird unisono als „sonderbar“, „einzelgäng­erisch“und „gewalttäti­g“beschriebe­n. „Er hat immer nur über Waffen und Messer geredet.“Cruz hat in Sozialen Netzwerken aus seinen finsteren Absichten und seinem Waffen-Popanz kein Geheimnis gemacht. Im September schrieb er auf YouTube: „Ich werde ein profession­eller Schul-Killer.“Die Bundespoli­zei FBI wusste davon. Was sie unternomme­n hat (und was nicht), wird in den nächsten Tage die Diskussion prägen.

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Warten, Trauer und Entsetzen vor der Schule in Florida

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