Rätselraten nach „g’scheitem Schlag“
Herren-Abfahrt. Nach dem Temperaturanstieg enttäuschten die ÖSV-Abfahrer / Schwächstes Ergebnis seit 1960
Die Körpersprache von Max Franz sagte ziemlich viel aus über das Innenleben jener vier ÖSV-Abfahrer, die am Donnerstag um die OlympiaMedaillen rasten. Der Kärntner schlurfte mit hängenden Schultern durch die MixedZone von Jeongseon, Platz elf war nun wirklich nicht das, was er sich erwartet hatte.
„Mich zipft’s voll an. Die Piste war geil heute, das Einfahren hat richtig Spaß gemacht, ich hab’ mich auf der Strecke voll gefreut – und dann bist’ 1,50 Sekunden hinten, das ist ein gescheiter Schlag.“Einer für die Geschichtsbücher: Nur 1960 im kalifornischen Squaw Valley sind die Österreicher in einer Olympia-Abfahrt so geschlagen worden, damals wurde Karl Schranz beim Sieg des Franzosen Jean Vuarnet als bester Siebenter. 58 Jahre später kam diese Rolle Vincent Kriechmayr zu.
„Ich hatte eine sehr gute Fahrt, und ich bin ein biss’l überrascht über den Rückstand. Vor allem darüber, dass ich im Mittelteil viel Zeit verloren habe, denn ich hatte den Eindruck, dass mein Material gut war. Irgendetwas muss da schiefgelaufen sein.“
Tatsache ist: Niemand mit einer Startnummer jenseits der 15 war so schnell wie Kriechmayr (Nummer 17), der Südtiroler Geheimfavorit Christof Innerhofer (18) kam nicht über Platz 17 hinaus. Max Franz, der Elfte, hatte Nummer 16. „Klar ist: Wenn ich normalerweise meine Leistung abruf’, bin ich vorn dabei“, sagte Kriechmayr. Am Donnerstag fehlten auf Bronze 0,76 Sekunden.
Ansatzpunkte
Der Blick auf die Daten der Wetterstationen entlang der Strecke lieferte einen ersten Anhaltspunkt – am Vormittag stiegen die Temperaturen von minus fünf auf plus zwei Grad. Und der drittplatzierte Schweizer Beat Feuz wusste von seltsamen Erfahrungen im Mittelteil der Strecke zu berichten, „mal hat der Schnee gebremst, mal ist es wieder dahingegangen.“
Die deutlich wärmeren Temperaturen – allein von Dienstag auf Mittwoch war die Schneetemperatur um zehn Grad gestiegen – hatten dafür gesorgt, dass höhere Startnummern benachteiligt waren. Eine Folge war der nun wesentlich feuchtere Schnee, eine andere, dass die Pistenoberfläche litt.
Keine Ausrede
Eine weitere Ursache gab es beim Olympiasieger des Jahres 2014 – Matthias Mayer hatte ja bei seinem Ausfall im Kombinationsslalom am Dienstag nicht nur einen Fotografen mitgerissen, sondern auch eine Bohrmaschine, Folge war ein Bluterguss am Gesäß. „In der Nacht auf Mittwoch waren die Schmerzen so stark, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass ich diese Woche überhaupt noch einmal skifahren würde“, berichtete der Kärntner. „Und letzte Nacht hab’ ich mich kurz auf die rechte Seite gedreht – da bin ich aufgesprungen, so weh hat das getan.“
Doch das wollte er nicht als Ausrede gelten lassen. „In den Trainings war ich hier gerade im mittleren Streckenteil immer sehr schnell, und heute habe ich die Linie eigentlich noch besser getroffen“, sagte Mayer, der Neunte mit Nr. 11. „Das Ergebnis hat mich schon ein biss’l getroffen.“Schwacher Trost: „Wenn jemand den Sieg so richtig verdient hat, dann Aksel Lund Svindal. Und auch die anderen beiden auf dem PodestwarenjadieganzeSaison über immer vorn’ dabei.“
Bleibt noch Hannes Reichelt, der mit 37 Jahren seine erste Olympia-Abfahrt mit Nummer 15 begann und als Zwölfter abschwang. „Ich bin im Mittelteil kaum vom Fleck gekommen, aber da habe ich mir noch gedacht, den anderen würde es auch so gehen.“Nun: Den meisten anderen nach ihm erging es ja auch tatsächlich so.