Ein 24-facher Mordversuch
Brandstiftung. Mysteriöser Brand in einem Hotel am Salzgries: War es eine Art Anschlag?
Kurz vor sechs Uhr Früh betritt ein bis heute unbekannter Mann die Pension „Dan In’n Out“am Salzgries, mitten in der Wiener City. Der Mann, vom Aussehen her möglicherweise nordafrikanischer Herkunft, gibt den – wenig kreativen – Zutrittscode „1234“für die Eingangstür ein. Dieses Passwort wurde jedem Gast schon im Vorfeld gemailt, damit er auch außerhalb der Rezeptionszeiten zu seinem Zimmer gelangen kann.
Einige Gäste hatten erst wenige Augenblicke, bevor der Verdächtige ankam, ihre Unterkunft verlassen. Der Täter nimmt lässig einen Schluck aus seinem mitgebrachten Red Bull und geht den Flur entlang, zielstrebig zur Rezeption. Man sollte meinen, er kennt sich hier bestens aus.
„Es war knapp“
Aus einem Regal beim Rezeptionspult nimmt der Unbekannte mehrere Papierstücke. Eine Schachtel Zündhölzer hat er mitgebracht, um die Akten später anzuzünden. Der Mann geht zunächst in den ersten Stock und legt in der Waschküche Feuer, diese brennt in der Folge fast vollständig aus. Dann geht er zu einigen Zimmern und zündet direkt vor den Türen Papierstücke an.
„Die Gäste hatten eigentlich keine Chance zu entkommen“, sagt Chefinspektor Armin Ortner, oberster Brandermittler des Wiener Landeskriminalamts. „Für einige von ihnen wurde es echt sehr knapp.“
Das Glück für die 24 Gäste der Pension ist, dass einer von ihnen den Lärm auf dem Gang wahrnimmt. Der Pensionsgast verlässt sein Zimmer, um nach dem Rechten zu sehen. Dabei entdeckt er den Qualm und alarmiert sofort die Feuerwehr. Die kommt rechtzeitig und rettet viele Gäste mit Drehleitern und Fluchtmasken – vielfach überdieBalkone.DassamEnde nur zwei Personen leichte Verletzungen erlitten, ist damit eher dem Zufall zu verdanken. Dazu kommt ein Sachschaden von knapp 700.000 Euro.
Die Staatsanwaltschaft und die Polizei stufen die Tat vom 23. Oktober 2016 als 24-fachen Mordversuch ein. Bereits kurz nach der Tat wurde mit einem Fahndungsbild aus dem Überwachungsvideo nach dem mutmaßlichen Brandstifter gesucht. „Doch es gab keinen einzigen Hinweis aus der Bevölkerung“, berichtet Ortner.
Das Landeskriminalamt ermittelt wochenlang. Jeder auch noch so kleinen Spur wird nachgegangen. Alle umliegenden Geschäfte werden abgeklappert, ob der Verdächtige irgendwo seinen Energydrink gekauft hat. Doch die mühsame Basisarbeit brachte bis heute nicht den erwünschten Erfolg. Auch in dem Hotel konnte sich niemand erinnern, den Mann zuvor gesehen zu haben.
Homophob?
Zu den möglichen Hintergründen geben sich die Ermittler wortkarg. Auffällig sind aber zwei Punkte: Der Brandstifter kannte sich offenbar bestens in der Pension aus. Und die Unterkunft wird vielfach von Homosexuellen genützt, di ein den umliegenden Möglich ist etwa, dass der Gesuchte nach einer durchzechten Nacht in der Pension landete und anschließend seine „Sünden “verwischen wollte.
In manchen Auslegungen des Islam gilt es als schwere Strafe, verbrannt zu werden. Die Terrormiliz „Islamischer Staat “verbrannte deshalb Piloten ausländischer Militärmächte, um das auch publikumswirksam zu zeigen.
Auch ein rein homophobes Motiv ist derzeit nicht auszuschließen.
Um Hinweise ersucht der Journaldienst des Wiener Landeskriminalamts unter ✆ 01/31310-33800.
„Der Brandstifter ist zielgerichtet hineingegangen. Er kannte sich dort offenbar aus.“
Armin Ortner Chef-Brandermittler