Kurier

Audimax-Stürmung: 17 „Identitäre“vor Gericht

Prozess. Die Angeklagte­n sehen in der Stürmung einer Theatervor­stellung im April 2016 lediglich eine „friedliche Protestakt­ion“.

- VON MARLENE PENZ

17 Angeklagte mussten sich am Donnerstag am Bezirksger­icht Baden für die Störung einer Versammlun­g verantwort­en. Sie sind allesamt Mitglieder der rechtsextr­emen “Identitäre­nBewegung“,auch der Wiener Obmann Martin Sellner ist unter ihnen.

Gegenstand der Verhandlun­g ist die Stürmung einer Theatervor­führung im Audimax der Uni Wien am 14. April 2016. Die Identitäre­n kaperten kurz nach Beginn der Veranstalt­ung „Schutzbefo­hlene performen Jelineks Schutzbefo­hlene“, bei der Flüchtling­e als Laiendarst­eller fungierten, die Bühne, entrollten ein Transparen­t mit der Aufschrift „Heuchler“und verspritzt­en Kunstblut.

In Folge wurde die Veranstalt­ung abgebroche­n. Die Aktion der Identitäre­n soll nur etwas mehr als eine Minute gedauert haben, danach habe man das Audimax wieder verlassen. Bei der Verhandlun­g sprechen die Angeklagte­n nicht von einer Erstürmung, sondern von einer„ friedliche­n Protestakt­ion“.

Körperverl­etzung

Der Angeklagte Nummer zehn war schockiert von der Reaktion des Publikums: „Das Publikum wurde sehr hysterisch und auch gewalttäti­g, aber das ist bei diesen Leuten keine Seltenheit.“Daraufhin fragt die Richterin: „Was haben sie erwartet, dass alle ruhig sitzen bleiben?“, der Angeklagte entgegnet: „Auf jeden Fall nicht damit, dass sie schreiend auf uns zulaufen und tätlich werden.“ Ob die Identitäre­n allesamt so friedlich blieben, ist fraglich: Einer der Angeklagte­n musste sich auch wegen Körperverl­etzung verantwort­en – er soll einem Studenten einen Schlag gegen die Schläfe versetzt haben.

Währen deinige der Angeklagte­n in ihrer polizeilic­hen Aussage angaben, dass rund 30 Personen an der „Protestakt­ion gegen die Asylpoliti­k“(Aussage eines Angeklagte­n) beteiligt waren, sagten sie vor Gericht, dass es wahrschein­lich nicht mehr als jene 17 Personen waren, die nun angeklagt seien. „Im Schätzen bin ich schlecht“, beteuert ein Angeklagte­r.

Identitäre­n-Obmann Martin Sellner wurde als erster vor die Richterin gerufen. Während die anderen 15 verhört wurden (ein Angeklagte­r war nicht erschienen), saß er ruhig auf seinem Stuhl und wartete auf das Urteil. Tags zuvor beschäftig­te ihn noch, ob er im April zu einem Konzert gehen sollte, wie man seiner Instagram-History entnehmen kann. Den Angeklagte­n droht maximal sechs Monate Haft. Bei Redaktions­schluss dieser Ausgabe stand das Urteil aus.

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Die Fahne der Identitäre­n wurde nach dem Sturm auf die Audimax-Bühne zerschnitt­en
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Martin Sellner ist Sprecher der „Identitäre­n Bewegung “

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