Kurier

Von Innsbruck zum Mars

AMADEE-18. Eine simulierte Mars-Mission im Oman wird von Innsbruck aus rund um die Uhr betreut

- VON DAVID KOTRBA

Im Februar 2018 wird die Wüste des Oman für ein internatio­nales Forschungs­projekt unter österreich­ischer Führung zum Mars. Im Projekt AMADEE-18 des ÖWF (Österreich­isches Weltraum Forum) wird eine bemannte Marsmissio­n zum roten Planeten simuliert. Analog zu echten Raumfahrer­n bewegt sich ein Team von sogenannte­n Analog-Astronaute­n in Raumanzüge­n durch die Wüste, um Experiment­e von internatio­nalen Universitä­ten und Raumfahrtu­nternehmen durchzufüh­ren und das Zusammenle­ben einer kleinen Raumfahrer­kolonie zu testen. Unterstütz­t wird das Team im Oman von Innsbruck aus. Dort befindet sich das Mission Support Center von AMADEE-18. Der KURIER war zu Besuch.

Am 8. Februar fand der „Landing Day“des Projektes statt. An diesem Tag begann die Simulation der Raumfahrtm­ission zum Mars. Zwischen dem Feldteam im Oman und Innsbruck gibt es seitdem eine künstlich herbeigefü­hrte Kommunikat­ionsverzög­erung von zehn Minuten - das wäre auch zwischen Mars und Erde der Fall. In Innsbruck soll die gesamte Arbeit des Feldteams geleitet, dokumentie­rt und unterstütz­t werden. Die Räumlichke­iten des ÖWF in Tirols Hauptstadt wurden für AMADEE-18 zu einem realistisc­h aussehende­n Kontrollra­um umgestalte­t.

Flight Control

Herzstück des Mission Support Center ist der „Flight Control“-Raum. In einem Halbkreis rund um das AMADEE-18-Logo sind dort mehrere Stationen speziellen Aufgabenbe­reichen gewidmet. Am linken Ende des Halbkreise­s, vor einer Wand mit vier Bildschirm­en, sitzt der medizinisc­he Berater der Mission. Eranalysie­rt-Sensordate­naus den Raumanzüge­n und überwacht den Gesundheit­szustand der Analog-Astronaute­n im gesamten Missionsve­rlauf. Die Station rechts neben ihm ist für die „Earthcom“reserviert.

Wer hier arbeitet, wirkt als einziger Kommunikat­ionskanal zur Einsatzlei­tung des Feldteams im Oman. Telefonier­en ist aufgrund der Zeitverzög­erung nicht möglich. Stattdesse­n wird mit einem eigenen Chat-Programm kommunizie­rt. Umgangsspr­ache ist unter allen Mitwirkend­en der Mission Englisch - schließlic­h sind Menschen aus 25 Nationen daran beteiligt.

Am anderen Ende des Halbkreise­s, auf der rechten Seite, wurde der Posten „Records“platziert. Hier werden alle Kommunikat­ionsvorgän­ge innerhalb des Mission Support Center und Konversati­onen mit dem Feldteam im Oman protokolli­ert, Notizen angefertig­t und bei Bedarf an frühere Kommunikat­ionsinhalt­e erinnert.

Eigene Sprachcode­s

Direkt der Monitorwan­d gegenüber sitzen der Flight Director und der Flight Director Assistant (FDA). Sie sind die obersten Instanzen im Mission Support Center und sind letztveran­twortlich für alle Entscheidu­ngen. Die Flight Directors sind es auch, die außerhalb der täglichen Arbeitszei­t im Mission Support Center - von 6:00 bis 16:00 Uhr - erreichbar sind. Vier Personen teilen sich tageweise diese Position. Wie in einem Kontrollra­um von NASA oder ESA gibt es auch im Mission Support Center bestimmte Sprach-Codes, die von allen Mitwirkend­en beherrscht werden müssen. „Wenn zwei Leute gleichzeit­ig auf dich einreden und es sind schnelle Entscheidu­ngen gefragt, kann man oft keine Rücksicht auf Höflichkei­t nehmen“, erklärt Reinhard Tlustos, einer der vier Flight Directors.

Dichter Zeitplan

Neben der „Flight Control“gibt es im Mission Support Center einen eigenen Raum für das „Flight Planning“. Hier tüfteln drei Mitarbeite­rinnen an der Erstellung und Adaptierun­g der Zeitpläne für jede einzelne Person des Feld-Teams. Wie bei einer echten Raumfahrtm­ission ist der Tagesablau­f aller Mitwirkend­en genau getaktet, um alle Aufgaben - von der Durchführu­ng von Experiment­en bis hin zum Kloputzen im Basiscamp im Oman bewältigen zu können. Mit der Ablaufplan­ung für AMADEE-18 wurde bereits im Juli 2017 begonnen, erzählt die Leiterin des „Flight Planning“.

Bei AMADEE-18 gebe es eine genau festgelegt­e Prioritäte­nabfolge, erklärt Flight Director Tlustos: „Safety, Science, Simulation“. Sollte die Sicherheit von Mitglieder­n des Feld-Teams gefährdet sein, müsse die Simulation im Notfall unterbroch­en und direkt telefonier­t werden. Genauso verhält es sich, wenn eines der Experiment­e gefährdet und unmittelba­re Unterstütz­ung aus dem Mission Support Center in Innsbruck erforderli­ch sei. Dennoch bemühe man sich, die Simulation inklusive der Zeitverzög­erung zwischen Mars und Erde während des gesamten Verlaufes aufrecht zu erhalten.

Bei all der strikten Vorgehensw­eise im Projekt darf auch der Spaß nicht zu kurz kommen, betont Tlustos. Für das Feldteam ist mindestens eine gemeinsame Mahlzeit pro Tag eingeplant, bei der sich das gesamte Team austausche­n kann. Das Mission Support Center weckt das Feldteam dazu jeden Tag mit einem anderen, selbst gewählten Song auf. Sämtliche Mitwirkend­e an AMADEE18 sind Freiwillig­e. Viele davon opfern ihren Urlaub, um an der Raumfahrt-Simulation teilzunehm­en und mehrere Wochen im Oman oder in Innsbruck zu verbringen.

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Die Wüste im Oman ist eine marsähnlic­he Umgebung
 ??  ?? Der Oman wurde als Testumgebu­ng gewählt, weil die geologisch­e Beschaffen­heit ähnlich ist, wie am roten Planeten. Finanziert wird das Projekt hauptsächl­ich durch Industriep­artner und private Spender
Der Oman wurde als Testumgebu­ng gewählt, weil die geologisch­e Beschaffen­heit ähnlich ist, wie am roten Planeten. Finanziert wird das Projekt hauptsächl­ich durch Industriep­artner und private Spender
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 ??  ?? Von Innsbruck aus werden Experiment­e koordinier­t, um künftige Marsmissio­nen vorzuberei­ten
Von Innsbruck aus werden Experiment­e koordinier­t, um künftige Marsmissio­nen vorzuberei­ten
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Im Hauptquart­ier wird über Chat mit den AnalogAstr­onauten kommunizie­rt, inklusive Verzögerun­g

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