Die Snowboard-Sensation
Wie Ester Ledecka Gold vor Anna Veith holen konnte
Der Super-G war für mich nach der Startnummer 20 gelaufen. In der vollen Überzeugung, dass Anna Veith Gold gewonnen hat, habe ich mich auf den Weg gemacht vom Haus Austria zum Internationalen Pressezentrum.
So wie wahrscheinlich viele hab’ auch ich schön geschaut, als ich erfahren habe, dass Ester Ledecka noch vorne reingefahren ist. Eine Snowboarderin.
Es ist faszinierend, dass so etwas überhaupt möglich ist. Und im ersten Moment denkt man auch, dass das eigentlich gar nicht funktionieren kann. Das sind ja doch zwei komplett unterschiedliche Sportarten.
Lässt man sich das aber genauer durch den Kopf gehen, dann kann man durchaus Gemeinsamkeiten entdecken. Fähigkeiten, die sowohl beim Snowboarden als auch beim Skifahren gefragt sind. Das Gefühl für den Schnee zum Beispiel, für die richtige LiniezwischendenTorenund das Kurvenfahren. Dass Ledecka all diese Eigenschaften besitzt, hat sie am Snowboard hinlänglich bewiesen. Nicht umsonst ist sie Doppelweltmeisterin und mehrfache Gesamtweltcupsiegerin.
Wennmansichdannnoch vor Augen führt, dass sie im Skifahren schon Trainingsbestzeiten aufgestellt hat und bereits einmal Siebente war, zeigt das nur, dass sie auch in ihrem scheinbaren „Zweitsport“nicht so weit von der Spitze weg war.
Die Kombiniererin
Für eine, die wie sie in zwei Sportarten zu Hause ist, ist das Zeitmanagement sicher eine der größten Herausforderungen. Ich weiß, wovon ich spreche: Auch Nordische Kombinierer stehen immer vor der Aufgabe, das Training auf der Schanze und in der Loipe so gut es geht unter einen Hut zu bringen, ohnedasseinederbeidenDisziplinen zu kurz kommt. Wobei es in der Kombination sicher etwas schwieriger ist, weil hier mit Ausdauer- und Schnellkraftsportart zwei Welten aufeinandertreffen.
Was Ester Ledecka im Super-G wohl am meisten zugute gekommen ist, war ihr entspannter Zugang. Sie war unbekümmert, frei von jeglichem Druck und somit die Lockerheit in Person.
Das Beispiel Ester Ledecka zeigt auch, wie wichtig und wertvoll es ist, dass man als Sportler breit aufgestellt ist. Das gilt generell. Ich denke, dass gerade Eltern und Nachwuchstrainer in der Verantwortung stehen, ihre Kinder nicht zu früh auf eine Sportart zu spezialisieren. Wer vielen Sportarten offen gegenübersteht, wer viel ausprobiert, wer also in Bewegung ist, der wird langfristig davon profitieren und dauerhaft Erfolg haben. Ein sehr wichtiger, weil sehr menschlicher Aspekt sei noch erwähnt: Die Freude und Demut von Anna Veith über ihr Silber glänzte wie Gold.