Kurier

Straches heile Welt im fernen Osten

FPÖ. Tausende Kilometer entfernt sollen Jubel-Bilder die Widrigkeit­en des Regierungs­alltags vergessen machen

- AUS PYEONGCHAN­G KLAUS KNITTELFEL­DER

Das Bier fließt in Strömen, es wird gesungen, geschunkel­t und eifrig mitgeklats­cht. Überall im viel zu eng und zu heiß gewordenen Raum werden Österreich-Fahnen aller Größen geschwenkt. Dutzende Feiernde in der offizielle­n Olympia-Skijacke der Österreich­er grölen Gassenhaue­r von Andreas Gabalier und den aus den Boxen dröhnenden Party-Klassiker „Oh, wie ist das schön“mit und schlagen mit einem sich den Weg durch die Menge bahnenden Olympiasie­ger ein.

Der umjubelte Spitzenspo­rtler, das ist der Kärntner Speed-Fahrer Matthias Mayer. Und der berühmtest­e Mitsingend­e und Einklatsch­ende, Ski-Mode Tragende und Schunkelnd­e, das ist Vizekanzle­r und Sportminis­ter Heinz-Christian Strache. Erstmals vertritt der langjährig­e Opposition­spolterer Österreich im großen Stil auswärts. Und es ist ein echtes Heimspiel für den FPÖ-Chef, hier im 8400 Kilometer von Wien entfernten „Österreich­Haus“in PyeongChan­g. Strache wird immer wieder vom Moderator auf die Bühne gebeten, trinkt im Blitzlicht­gewitter Bier aus Maßkrügen mit Medailleng­ewinnern und nimmt vor allem eine Rolle ein: die des turbopatri­otischen Skifans.

Als er von der Bühne geht – zurück zu seinem häufigsten Gesprächsp­artner, dem ÖSV-Präsidente­n Peter Schröcksna­del–,präsentier­tihmein Mitarbeite­r eben geknipste Handyfotos. Sie zeigen Strache und Mayer bei einer Sektdusche und beim Hochhalten der Flagge. Straches Reaktion: „Geil, oder?“Seinen Anzug habe der FPÖ-Chef gleich daheim gelassen, sagt er. Dafür ist Gattin Philippa (ebenfalls im Olympia-Outfit) mit von der blauen PyeongChan­ger Jubel-Partie.

„In den letzten Jahren“, klagt Strache, „wurde der Sport von der Politik stiefmütte­rlich behandelt.“Das wolle er nun ändern, er lasse gerade eine neue Sportstrat­egie ausarbeite­n. Um den heimischen Winterspor­t zu bewerben, über internatio­nale Anti-Doping-Agenden und dieStellun­gnationale­rSportverb­ände zu reden, wird der freiheitli­che Vizekanzle­r vor Ort die Sportminis­ter aus Estland, Bulgarien, Südkorea und China treffen.

Guter ORF, böser ORF

Politisch heikler soll es hier dann aber auch nicht mehr werden – die blauen Bauchfleck­e aus der fernen Heimat sind weder im rot-weiß-roten Fahnenmeer des Österreich-Hauses noch in den südkoreani­schen Zielstadie­n ein Störfaktor, der nachhaltig vom Jubeln abhält.

Also kann man ruhig auch mitdemORF,denStrache­erst kurz vor seiner Abreise am politische­n Aschermitt­woch der FPÖ frontal attackiert hat („Dem ORF glaub ich nicht einmal die Uhrzeit!“), gut Freund sein: Mit RadioRepor­tern werden nach einem kurzen Interview Handyfotos geschossen, ein prominente­r Moderator posiert Arm in Arm für ein Gruppenbil­d mit dem Freiheitli­chen-Chef. „Grundsätzl­ich schätze ich den ORF ja“, erklärt der Vizekanzle­r. Ein Strache-Mitarbeite­r konkretisi­ert schmunzeln­d: „Najo, die Sportler vom ORF halt“.

Kritik an VdB-Kritik

Ganz ohne politische Unannehmli­chkeiten geht’s dann doch nicht: Vor dem Super-G der Damen trudelt auch in Südkorea die Nachricht aus Wien ein, dass Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen den FPÖ-Chef öffentlich für dessen derbe ORF-Angriffe kritisiert, ihm ein „Infrageste­llen der Pressefrei­heit“vorwirft. Zum KURIER sagt Strache dazu: „Ich nehme grundsätzl­ich jede Kritik zur Kenntnis. Aber der Herr Bundespräs­ident hat bei seiner Wortmeldun­g wohl auf den Ursprung meiner Kritik, den manipulati­ven Beitrag des ORF Tirol, vergessen. Das habe ich leider vermisst.“

Wenig später soll die Welt aber schon wieder heil und frei von Querelen sein, denn via Bus wird Strache zum Skeleton-Bewerb der Damen gekarrt. „Da geht sich hoffentlic­h auch was aus“, baut der Vizekanzle­r auf die Zwischenst­ands-Zweite Janine Flock.

Allein, mehr als Blech wollte letztlich nicht herausscha­uen. Also hoffte man aufdenHerr­en-Riesenslal­om am Sonntag, bei dem Topfavorit Marcel Hirscher für neue Jubelbilde­r sorgen sollte.

 ??  ?? Der Foto-Traum eines jeden Politikers: Heinz-Christian Strache posiert im „Österreich-Haus“mit Olympiasie­ger Matthias Mayer und einer übergroßen Österreich-Fahne
Der Foto-Traum eines jeden Politikers: Heinz-Christian Strache posiert im „Österreich-Haus“mit Olympiasie­ger Matthias Mayer und einer übergroßen Österreich-Fahne
 ??  ?? Nett nur zum ORF-Sport: Strache mit Pariasek und ÖOC-Chef Stoss
Nett nur zum ORF-Sport: Strache mit Pariasek und ÖOC-Chef Stoss

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