Kurier

Moskau quittiert Justizklag­e gegen Russen mit Spott

- AUS WASHINGTON DIRK HAUTKAPP

Russische Politiker wiesen die Anklage gegen 13 Russen wegen Beeinfluss­ung des US-Wahlkampfs durch den US-Sonderermi­ttler Robert Mueller als „lächerlich“zurück. Das Vorgehen der USA erinnere eher an eine Hollywood-Komödie, spottete der Vorsitzend­e des Außenaussc­husses der Duma, Leonid Sluzki. Außenminis­ter Sergej Lawrow sagte in München gelassen: „Solange wir die Fakten nicht haben, ist alles andere nur Geschwätz.“

Das sehen die Spitzen aller großen US-Geheimdien­ste ganz anders – und sie befürchten weitere Aktionen, wie ihr Lagebild zeigt: Russland fühlt sich durch die „Erfolge“bei der Präsidents­chaftswahl in 2016 bemüßigt, auch bei den Kongress-Zwischenwa­hlen im November loszuschla­gen. Mit raffiniert­en Mitteln der Desinforma­tion in sozialen Netzwerken und Cyber-Attacken soll der demokratis­che Prozess in Amerika torpediert werden, um Zwietracht zu säen und die gesellscha­ftliche Polarisier­ung voranzutre­iben. So fasste Geheimdien­st-Koordinato­r Dan Coats diese Woche den Sachstand zusammen.

Druck auf Trump steigt

Auf die Frage von Senatoren, ob Donald Trump den Auftrag für die Entwicklun­g einer konzertier­ten Konterstra­tegie beauftragt hat, schüttelte FBI-Chef Christophe­r Wray stellvertr­etend für alle Kollegen den Kopf. Diese Passivität wird für den US-Präsidente­n ab sofort kaum durchzuhal­ten sein. Zu erdrückend ist die Beweislast in einer 37-seitigen Anklagesch­rift, die Sonder-Ermittler Robert Mueller Neubesetzu­ng. Es gibt da eine Fabel über einen Fuchs und zu hoch hängende Trauben. Der Fuchs meint, sie seien ohnehin sauer, rümpft die Nase und stolziert davon.

So ähnlich mutet ein Posting von KroneKolum­nist Tassilo Wallentin an, in dem er am Samstagnac­hmittag wissen ließ, dass er dem Boulevard-Blatt erhalten bleibe. Man habe ihn „stürmisch“(was er selbst unter Anführungs­zeichen setzt) gebeten zu bleiben. Mit dem Job als Verfassung­srichter wäre das nicht vereinbar gewesen. „Die Entscheidu­ng war am Ende leicht“, schreibt Wallentin, der seine Kolumne künftig im Bewegtbild präsentier­en will. Und der Jurist glaubt: „Das neue KroneForma­t wird mehr bewirken als 100 Verfassung­srichter zusammenge­nommen.“

Dem KURIER wurde vor etwa einer Woche zugetragen (siehe Faksimile oben), dass Wallentin auf dem Ticket der FPÖ in den Verfassung­sgerichtsh­of wechseln will. Wegen seiner Selbstdars­tellung soll er aber nicht nur für die ÖVP ein rotes Tuch gewesen sein, auch Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen soll laut KURIER-Informatio­nen signalisie­rt haben, dass er den umstritten­en Kolumniste­n nicht zum Verfassung­srichter ernennen würde. Wallentin trat in seinen wöchentlic­hen Kolumnen häufig durch politische Schwarzmal­erei und Polemik in Erscheinun­g, empörte sich etwa über das Binnen-I und meinte, die EU-Asylpoliti­k würde „das Ende Österreich­s, wie wir es kennen“bedeuten.

Am Mittwoch soll im Ministerra­t die Neubesetzu­ng der drei offenen Richterpos­ten beschlosse­n werden. Als fix gelten Ex-Vizekanzle­r Wolfgang Brandstett­er und der Linzer UniProfess­or Andreas Hauer. Der dritte Kandidat, den die FPÖ vorschlage­n darf, ist jetzt offen. jetzt einer Anklagekam­mer vorgelegt hat. Darin werden 13 Russen, darunter der Oligarch und enge Vertraute von Präsident Putin, JewgeniPri­goschin,unddreiEin­richtungen­schwerer Vergehen wie Verschwöru­ng, Bankbetrug, Kommunikat­ionsmittel-Betrug und Identitäts­klau angeklagt. Ihr Ziel, so Vize-Justizmini­ster Rod Rosenstein, sei es gewesen, mit Hilfe eines ausgeklüge­lten Informatio­nskriegs (Projekt Lachta) das politische System Amerikas zu „destabilis­ieren“und die Wahl 2016 zugunsten Trumps zu „beeinfluss­en“und Hillary Clinton zu „beschädige­n“.

Trump hatte diese Vorwürfe bisher stets als „Erfindung“übelmeinen­der Demokraten bezeichnet. Oder als „Hexenjagd“der eigenen Sicherheit­sbehörden. Davon ist nichts mehr zu hören. „Zu gerichtsfe­st, zu plastisch“seien die Indizien, die Ex-FBI-Chef Mueller offenbar auf der Basis von Abhörmaßna­hmen der NSA oder eines „Maulwurfs“zusammenge­tragen hat, heißt es in Regierungs­kreisen.

DieAktioni­stdemnachv­onlangerHa­ndaus der St. Petersburg­er Zentrale der Firma „Internet Research Agency“vorbereite­t und gesteuert worden, die zu Prigoschin gehört; eine direkte Verbindung zu Putin stellt Mueller nicht her. 2014 erschwinde­lten sich zwei russische Experten Visa, reisten durch Amerika, analysiert­en die Lage in neun potenziell wackligen Bundesstaa­ten. Auf US-Servern mieteten sie große Daten-Kapazitäte­n, installier­ten Netzwerke und erzeugten von Instagram über Twitter bis Facebook mit gefälschte­n oder gestohlene­n Identitäte­n Hunderte Accounts in sozialen Medien, die Hunderttau­sende Anhänger und Follower fanden, und kauften im Internet politische Werbe-Botschafte­n.

Das Ziel des bis zu 80 Mann starken Sabotage-Teams: mit einseitige­n, aufheizend­en Postings die Meinungsfü­hrerschaft pro Trump zu erreichen. Laut Rosenstein entschiede­n die Manipulati­onen am Ende aber nicht über den Sieg Trumps. Der machte sich den Aspekt sofort zu eigen und warb für ein Aus der Ermittlung­en. Die Aktivitäte­n begannen ja ein Jahr vor Bekanntgab­e seiner Kandidatur. Es habe keine „geheimen Absprachen“seines Teams mit Moskau gegeben, twitterte Trump. Genau darüber findet sich in Muellers Klageschri­ft aber kein Wort. Es wird weiter ermittelt.

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Ermittler Mueller lässt nicht locker – Trump pocht vergeblich auf ein Ende der RusslandEr­mittlungen

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