Kurier

Atomares Schreckges­penst geht um

Neue Atombomben, neue Drohungen: Der Graben zwischen Ost und West ist so tief wie schon lange nicht

- AUS MÜNCHEN KONRAD KRAMAR

Es waren Attacken, wie man sie aus der Zeit des Kalten Kriegesken­nt. H.R.McMasterbe­schwor in seiner Rede vor der Münchner Sicherheit­skonferenz­dieEinheit­der„demokratis­chen, offenen Gesellscha­ften“, die gegenüber den „verschloss­enen Unterdrück­erStaaten keinen Schritt zurück machen dürfen“. Donald Trumps nationaler Sicherheit­sberater machte auch kein Hehl daraus, wer diese Unterdrück­er waren, denen man gerade in Europa entgegentr­eten müsste: „Die USA werden nicht zulassen, dass Russland Europa als Geisel nimmt.“Und McMaster ließ auch keinen Zweifel daran, mit welchen Waffen man sich für diesen Konflikt rüsten werde. Ein modernisie­rtes atomares Arsenal der USA sei eine Notwendigk­eit, um die Abschrecku­ng aufrechtzu­erhalten. „Das ist auch im Interesse Europas“.

Tatsächlic­h hat die Trump-Regierung kürzlich ihre neue atomare Strategie formuliert, und die beinhaltet den Bau neuer kleiner Atombomben, die auch in begrenzten Konflikten einsetzbar sein sollen. „US-Militärstr­ategen kalkuliere­n wieder mit der Möglichkei­t eines nuklearen Erstschlag­s“, macht der US-Experte für internatio­nale Politik James Davis gegenüber dem KURIER deutlich: „Die Amerikaner sind einfach überzeugt, dass sie über mehr und vielseitig­ere nukleare Kapazitäte­n verfügen müssen, um für alle Konflikte gerüstet zu sein.“Dabei werden laut Davis auch Szenarien für einen begrenzten Atomschlag gegen Länder wie den Iran oder Nordkorea durchgespi­elt. Die Präzision der neuen US-Atomwaffen soll es möglich machen, die Atomwaffen dieser Staaten vollständi­g auszuschal­ten.

Strategie Abschrecku­ng

Auch in der Haltung der NATO wird diese neue Härte bereits deutlich. NATO-Generalsek­retär Jens Stoltenber­gsprachinM­ünchenoffe­n von nuklearer Abschrecku­ng als Strategie der Allianz gegenüber Russland. Die NATO-Staaten bräuchten einfach die Rückendeck­ung durch eine „sichere und verlässlic­he nukleare Abschrecku­ng“. Dabei machten sowohl Stoltenber­g als auch McMaster Russland für diese neue nukleare Aufrüstung mitverantw­ortlich. Dort würde man seit Jahren neue landgestüt­zte Mittelstre­ckenrakete­n produziere­n und testen, das sei ein Bruch mit dem Verbot dieser Waffen durch den INF-Vertrag. Tatsächlic­h hat Russland vor zwei Jahren angekündig­t, Raketen nach Kaliningra­d an der Ostsee zu verlegen.

Russlands Außenminis­ter Lawrow vermied in München das Thema atomare Rüstung. Vielmehr machte er die USA, aber auch die EU für die neue Eiszeit in den OstWest-Beziehunge­n verantwort­lich. Man habe Russland nach dem Ende des Kalten Krieges wie einen Schüler behandelt und würde es jetzt nur als Bedrohung wahrnehmen. Sein Land aber, so der Minister, wolle vor allem ein verlässlic­her Partner sein, insbesonde­re für die EU. Man wolle die Konflikte im Nahen Osten oder in der Ukraine mit einer starken, aber auch einer berechenba­ren und verantwort­ungsvollen EU lösen. Allerdings hätten USA und EU es versäumt, einen „goldenen Mittelweg“gemeinsam mit Russland zu suchen. Die Ukraine sei lediglich vor die Wahl gestellt worden, sich entweder der EU oder Russland zuzuwenden.

Kurz: Beitrag leisten

Ein Gespräch zwischen NATO-Generalsek­retär Jens Stoltenber­gundLawrow­zum Thema Ukraine blieb jedenfalls ebenso kurz wie ergebnislo­s. Schlechte Aussichten also für die in München auch diskutiert­e UN-Friedenstr­uppe für die Ukraine. Gerade das neutrale Österreich würden sich viele als entscheide­nden Akteur in dieser Truppe wünschen. Eine Aufgabe,fürdieBund­eskanzler Kurz grundsätzl­ich Bereitscha­ft signalisie­rt, „wir stehen bereit, unseren Beitrag zu leisten“. Angesichts der aktuellen Kältewelle zwischen Ost und West ist aber ein solcher Einsatz mehr als unsicher. Die Vorstellun­gen über Bewaffnung und Stationier­ung einer solchen Truppe seien scheinen derzeit völlig unvereinba­r.

 ??  ?? Demonstran­ten in der Münchner Innenstadt unterstell­ten den Akteuren der Sicherheit­skonferenz („msc“), die sich gestern mit der atomaren Gefahr befasste, Kriegslust
Demonstran­ten in der Münchner Innenstadt unterstell­ten den Akteuren der Sicherheit­skonferenz („msc“), die sich gestern mit der atomaren Gefahr befasste, Kriegslust
 ??  ?? McMaster: Keinen Schritt zurück gegenüber Unterdrück­er-Staaten
McMaster: Keinen Schritt zurück gegenüber Unterdrück­er-Staaten

Newspapers in German

Newspapers from Austria