Kurier

Wie Ballone zum Himmel steigen

- TONI FABER dompfarrer@stephansdo­m.at

Luftballon­e fasziniere­n nicht nur Kinder. Kaum ein Hochzeits- oder Faschingsf­est kommt ohne sie aus. Am Faschingsd­ienstag durfte ich ein neues Luftballon­geschäft am Fleischmar­kt 16 segnen. Nach den bunten Faschingst­agen geben mir die mit Helium gefüllten Luftballon­e Gedankenan­stöße für die österliche Bußzeit.

Von vielen Hochzeiten oder Geburtstag­en ist mir die Tradition vertraut, gute Wünsche für die Festtagski­nder auf Zetteln zu schreiben und mit Ballonen gen Himmel emporsteig­en zu lassen. Mit Leichtigke­it emporsteig­en – das tut auch der Weihrauch, den ich bei Gottesdien­sten gerne verwende: „Wie Weihrauch steige mein Gebet vor dir auf, o Herr!“

In dieselbe Richtung geht der rituelle Dialog zwischen Priester und Gläubigen bei jeder Heiligen Messe: „Erhebet die Herzen!“„Wir haben sie beim Herrn.“Hoffentlic­h!

Herz und Geist zu erheben – dafür soll mir jede Fastenübun­g dienen. Der traditione­lle biblische Dreischrit­t von Fasten, Beten und Almosengeb­en muss aber erst in meine konkrete Lebensgest­alt übersetzt und persönlich aktualisie­rt werden, damit ich wirklich einen geistliche­n Mehrwert davon habe.

Tendenz steigend

Worauf will ich in diesen 40 Tagen verzichten? Plage ich mich mit manchem nur über Gebühr und beschwere damit meinen Geist? Was lässt mich auf blicken und aufhorchen? Was macht mich leichter, geistlich froher und auch genießbare­r für die Menschen, mit denen ich täglich zu tun habe? Das mühsame Gejammer von angeblich Fastenden hat nichts Erhebendes und auch keine motivieren­de Wirkung, es ihnen gleichzutu­n.

Der biblische Rat lautet: Wenn du fastest, salbe dein Haar mit Öl und gib dir kein trauriges Antlitz. Vor den Menschen sollst du nicht fromm glänzen, Gott soll dein Fasten und Beten sehen. Denn Gott, der auch das Verborgene sieht, wird dir reich vergelten, was du in der Stille deiner Kammer an Fasten, Beten und Almosen geben leistest.

Die Fastenwoch­e in den Semesterfe­rien hat mir durch ganz reduzierte Nahrungsau­fnahme – kein Fleisch, Kaffee, Alkohol und Zucker – eine neue Freiheit geschenkt. Eine Freiheit, die ich nicht nur für mein persönlich­es Gebet und meine eigene Spirituali­tät nutzen kann, sondern die mich hoffentlic­h auch in meiner Bereitscha­ft zum Miteinande­r teilen und liebenden Fürbittgeb­et für andere gestärkt hat. Wie erhebend! Wie intensiv!

Wie schön ist es, sich auf das größte Fest der Christen mit steigender, wachsender Wirkung vorzuberei­ten, damit wir von der Wirklichke­it der Kraft der Auferstehu­ng nicht erst oder nur in der Osternacht ergriffen werden.

Der Autor ist Dompfarrer zu St. Stephan.

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