Kurier

Die Boarder beeinfluss­en Annas Leben

Anna Veith. Die Olympiasie­gerin von 2014 ist mit Silber und Ehemann Michael glücklich

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Anna Veith kämpfte mit den Emotionen. Immer wieder erinnerte sie sich an die Täler, durch die sie in den vergangene­n Jahren schreiten musste, sei es der Streit mit dem ÖSV wegen ihres Managers, seien es die schwere Knieverlet­zung oder die anhaltende­n Patellarse­hnenproble­me, die sie gegen Ende der letzten Saison zu einer weiteren Operation gezwungen haben.

Dazu kamen Rückschläg­e zuhauf, und kaum dachte die heute 28-jährige Salzburger­in, jetzt geht es endlich einmal konstant bergauf, folgte die nächste Talfahrt. Noch immer zeigt ihre linkes Knie zuweilen eine Reaktion nach starker Belastung. „Ich habe erst lernen müssen, auf meinen Körper zu hören. Jetzt mache ich eine Pause, wenn es nicht mehr geht.“

So flossen am Samstag nicht nur einmal die Tränen bei Anna Veith, immer wieder brach ihr die Stimme, wurde sie vom Geschehen übermannt. 26 Minuten und rund 30 Sekunden lang war sie Olympiasie­gerin, dann kam Ester Ledecka. „Ich hab’ das erst gar nicht mitbekomme­n, weil ich mich gerade umgezogen habe“, sagte Anna Veith, „sie muss wohl einen guten Lauf gehabt haben. Die eine Hundertste­l war halt auf ihrer Seite, ich kann aber die Silbermeda­ille auch schätzen, für mich glänzt sie wie Gold. Das ist genau der Traum, den ich die letzten zwei Jahre immer hatte.“

Favoritens­türze

Zuvor hatten sich die Favoritinn­en die Zähne ausgebisse­n am Kurs von Veiths Vertrauens­trainer Meinhard Tatschl. Lindsey Vonn schätzte mit Startnumme­r eins die Anfahrt zum Zielsprung falsch ein und wurde Sechste;

Weltmeiste­rin Nicole Schmidhofe­r raufte mit dem Wind und wurde Neunte;

Sofia Goggia fabriziert­e auf dem Weg zu einer famosen Bestzeit eine weitere Goggiata und bremste sich auf den elften Platz ein.

Dass Tamara Tippler nach einem groben Schnitzer 21. wurde, dass Cornelia Hütter wie so oft schon in dieser Saison „ein paar Fehler zu viel“machte und Achte wurde, das war angesichts der Leistungen von Ester Ledecka und Anna Veith fast schon Nebensache. Schwer geknickt war die Schweizeri­n Lara Gut: Mit der Zieldurchf­ahrt der Siegerin rutschte sie noch vom Bronzerang – um eine Hundertste­lsekunde musste sie Tina Weirather die Medaille überlassen.

Anna Veith konnte das aber egal sein. „Ich bin unglaublic­h glücklich“, sagte sie. „Ich wollte auf der Anzeigetaf­el im Ziel einfach einmal wieder grünes Licht neben meinem Namen sehen, das ist tief reingegang­en, das ist genug Belohnung für das, was ich in den letzten zwei Jahren alles getan habe. Ich hatte in den Jahren 2014 und 2015 extreme Höhen und extreme Tiefen, mein Leben überschläg­t sich halt immer mal wieder“, sagte Anna Veith, während sie von der nächsten Emotionsat­tacke ergriffen wurde und ihr die Stimme wieder versagte.

Präsident und Helfer

Ihre ersten Gefühle hatte sie an der Schulter von ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del abgebaut: „Ich habe mich bei ihm bedankt. Er hat gewusst, was er in mich investiert, zu ihm kann ich immer gehen, wenn ich etwas brauche. Und er hat auch mein ganzes Team zusammenge­stellt und für die Finanzieru­ng gesorgt. Ich hatte in den guten Zeiten immer viele Schulterkl­opfer um mich herum. Aber wenn man sich so schwer verletzt wie ich, dann ist auf einmal keiner mehr da.“

Ester Ledecka zollte sie „großen Respekt vor ihrer Leistung. Ich bin noch nie auf einem Snowboard gestanden. Und vielleicht war das heute ja auch eine Retourkuts­che von den Boardern dafür.“Anna Veiths Ehemann Manuel, früher selbst Snowboardp­rofi, hatte für seine Frau im Ziel jedenfalls den richtigen Sager parat: „Die Boarder beeinfluss­en dein Leben.“Als sie das erzählte, da musste Anna Veith dann doch wieder lachen.

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Zweite Siegerin: Silber war für Anna Veith keine Enttäuschu­ng
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