Kurier

Ein Kurzaufent­halt auf Wolke sieben

Absturz. Nur kurz lag Michael Hayböck auf Medaillenk­urs – er wurde Sechster. Gold ging an Favorit Kamil Stoch

- AUS PYEONGCHAN­G CHRISTOPH GEILER

Wie groß im österreich­ischen Skisprungt­eam inzwischen die Sehnsucht nach Erfolgserl­ebnissen ist, wurde im ersten Durchgang des Bewerbs auf der Großschanz­e wieder einmal deutlich. Als Michael Hayböck auf 140 Meter hinunter segelte und souverän die Führung übernahm, fielen einander auf dem Trainertur­m die österreich­ischen Betreuer um den Hals. So euphorisch hat man die Trainer nicht einmal jubeln sehen, als Stefan Kraft im vergangene­n Winter in Lahti zwei Mal WMGold gewonnen hatte.

Es sollte dann aber nur ein Intermezzo auf Wolke sieben werden. Eine gute Stunde später wurden die Österreich­er schon wieder auf den Boden der Realität zurückgeho­lt. Und der Halbzeitzw­eite Michael Hayböck war schon wieder auf ein Normalmaß gestutzt. „Aber ich kann nicht unzufriede­n sein. Der sechste Rang ist meine beste Platzierun­g in diesem Winter.“

Kleiner Lichtblick

Das sagt einiges über den IstZustand des österreich­ischen Skispringe­ns aus. Noch vor Kurzem wäre der Ärger groß gewesen, wenn es bei einem Großereign­is nicht mit einer Medaille geklappt hätte. Inzwischen werden auch sechste Plätze bereits als Erfolg verkauft. „Es war der erste Wettkampf in diesem Winter, in dem ich mich gut gefühlt habe“, erklärt Hayböck.

Im Finaldurch­gang konnte der Oberösterr­eicher nicht mehr nachlegen und fiel auf den sechsten Rang zurück.„Ichwarbeim­Absprung zu spät, dann haben sich auch noch die Ski überkreuzt. Es war dann nicht mehr möglich“, sagte Hayböck.

Aus österreich­ischer Sicht war der 26-Jährige der einzige Lichtblick in diesem Bewerbaufd­erGroßscha­nze. Doppelwelt­meister Stefan Kraft („bei Olympia war bisher nicht viel Positives dabei“) ist augenblick­lich nur ein Schatten seiner selbst und kam über Rang 18 nicht hinaus. Und die Teamkolleg­en Clemens Aigner und Manuel Fettner schafften nicht einmal den Sprung in den Finaldurch­gang der besten 30.

In dieser Verfassung ist eine Medaille im Mannschaft­sspringen am Montag außer Reichweite. Ja, die Österreich­er präsentier­ten sich mit Ausnahme von Hayböck dermaßen schwach, dass sich nun sogar Gregor Schlierenz­auer wieder Hoffnungen auf einen Start im Teamspring­en machen darf. „Das fühlt sich an wie im letzten Jahr“, schrieb Schlierenz­auer jedenfalls auf Facebook. „Bei der WM in Lahti hab’ ich die Großschanz­e versäumt, weil meine Trainingsl­eistungen nicht entsproche­n haben. Schon zwei Tage später konnte ich im Team eine Bronzemeda­ille feiern.“

Kein starkes Team

Nach menschlich­em Ermessen kann sich diese Geschichte nun in PyeongChan­g nicht wiederhole­n. Dafür fehlt den Österreich­ern ein Springer inÜberform,wieesvorei­nem JahrStefan­Kraftwar.Unddazu sind auch die Konkurrent­en viel zu stark:

Denn gleich alle vier Norweger landeten unter den ersten acht.

Der Schlechtes­te der vier Deutschen war 14.

Und auch die Polen brachtenal­leSpringer­indieTop20.

Auch auf dem Siegespode­st waren die drei Großmächte des Skisprungs­ports, die übrigens alle von Österreich­ern betreut werden, vertreten. Und wie so oft war Kamil Stoch der Mann, der nicht zu schlagen war. Der polnische Tournee-Sieger ließ Andreas Wellinger (GER) und Robert Johansson (NOR) hinter sich und feierte den dritten Olympiasie­g. „Zum Glück habe ich heute einen richtig guten zweiten Sprung gemacht“, sagte Stoch. „Denn in meinem Kopf ist noch der Gedankeanm­einenviert­enPlatzauf der Normalscha­nze herumgegei­stert. Das wollte ich unbedingt verhindern.

Stoch hat nun mit Thomas Morgenster­n gleichgezo­gen, der ebenfalls stolzer Besitzer von drei Goldmedail­len ist. Im Gegensatz zum Kärntner hat der Pole alle seine Olympiasie­ge im Einzel gefeiert.

Österreich droht derweil das schlechtes­te Olympiaabs­chneiden Salt Lake City 2002. Damals waren die Skispringe­r das letzte Mal leer ausgegange­n.

 ??  ?? Zu früh gelandet: Michael Hayböck segelte im ersten Durchgang auf 140 Meter und damit in Richtung einer Medaille. Der zweite Sprung (Bild) war zu kurz – Rang sechs
Zu früh gelandet: Michael Hayböck segelte im ersten Durchgang auf 140 Meter und damit in Richtung einer Medaille. Der zweite Sprung (Bild) war zu kurz – Rang sechs
 ??  ?? Olympiasie­ger: Kamil Stoch war wieder einmal nicht zu schlagen
Olympiasie­ger: Kamil Stoch war wieder einmal nicht zu schlagen
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