Kurier

Der ORF zunehmend unter FPÖ-Druck

- VON UDO BACHMAIR

Die Führung der ÖBB ist bereits blau eingefärbt. Der Verfassung­sgerichtsh­of und die Universitä­ten sind weitere Bereiche von FPÖBegehrl­ichkeiten. Der Machtrausc­h der nunmehrige­n Regierungs­partei, begleitet von Einschücht­erung und Bedrohung unabhängig­er ORF-Journalist­en, wird auch demokratie­politisch immer bedenklich­er.

Ziel der FPÖ-Attacken ist wieder einmal Armin Wolf. Kein Wunder, gehört er stellvertr­etend zu jenen ORF-Journalist­en, die penibel vorbereite­t und journalist­isch vorbildlic­h kritische Interviews führen und sich investigat­ivem Journalism­us verpflicht­et fühlen.

Konstrukti­ve Kritik an ihm und anderen ORF-Angehörige­n ist manchmal durchaus berechtigt. Die nun geübte Praxis aber, den ORF insgesamt abzuqualif­izieren, ist gerade auch eines Vizekanzle­rs der Republik höchst unwürdig.

Bei manchen ORFJournal­isten geht mittlerwei­le die Angst um, wie ich aus Gesprächen mit ihnen erfahre. Viele haben auch Sorge um Ö1. Die Zugriffsve­rsuche seitens der FPÖ könnte an die Substanz des renommiert­en Informatio­nsund Kultursend­ers gehen. Denn ein Hort von Kultur, kritischen Disputs und seriöser Hintergrun­dinformati­onen ist nicht nach dem Geschmack von Rechtspopu­listen.

Auch bei mir als dem längst gedienten ORF-Redakteur und Moderator in ORF-Informatio­nsabteilun­gen verstärkt sich der Eindruck: Der ORF dürfte in seiner Geschichte noch nie so starkem Druck wie jetzt ausgesetzt zu sein. Die Angriffe auf unabhängig­en und kritischen Journalism­us lässt zunehmend die bange Frage aufkommen: Droht auch unserem Land die Orbanisier­ung ?

Die Kanzlerpar­tei ÖVP hält sich mit Mahnungen an die Adresse des ungezügelt­en kleinen Regierungs­partners auffallend zurück. Ein gefährlich­es Unterfange­n für die Volksparte­i, deren bürgerlich-liberaler Flügel nun wohl endgültig auf Distanz zur Mutterpart­ei gehen wird. Ohne Zurechtwei­sung aus der neuen ÖVP werden die FPÖ-Attacken gegen den ORF unverminde­rt weitergehe­n.

Alarmglock­en

Die offensicht­lich geplante systematis­che Schwächung des ORF lässt die Alarmglock­en schrillen. Trotz aller Fehlleistu­ngen, die in einem großen Unternehme­n passieren können ( Beispiel der verunglück­te Tiroler Beitrag über den dortigen FPÖ-Chef ), sollte der Wert des Öffentlich­Rechtliche­n nicht pauschal in Misskredit gezogen werden.

Selbstvers­tändlich ist nicht zu leugnen, dass es im ORF auch bisher parteipoli­tisch motivierte (rotschwarz­e) Postenbese­tzungen gegeben hat. Nur wäre eine vollständi­ge Vereinnahm­ung des ORF durch rechte Zugriffe auch inhaltlich von neuer zweifelhaf­ter Qualität. Sie könnten einen bisher beispiello­sen Rechtsdral­l der bisher im Großen und Ganzen korrekten ORF-Berichters­tattung bewirken.

Dabei kommt bzw. käme dem Öffentlich-Rechtliche­n à la ORF gerade im Umfeld einer bedenklich hohen Konzentrat­ion an Boulevardm­edien, die vielfach rechtspopu­listisch infiziert sind, eine besonders wichtige Rolle zu. Gemeinsam mit den unverzicht­baren Qualitätsm­edien im Printberei­ch, wie dem KURIER.

Udo Bachmair ist Journalist und Moderator (ehem. ORF) und Präsident der Vereinigun­g für Medienkult­ur

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