Kurier

Yücels Heimkehr

- TV-KRITIK philipp.wilhelmer@kurier.at

Der deutsch-türkische Journalist (mit Doppelstaa­tsbürgersc­haft) Deniz Yücel ist am Freitag aus der Haft entlassen worden und nach Berlin geflogen. Yücel war in einem grotesken Ermittlung­sverfahren ein Jahr im Gefängnis gesessen, bevor Anklage gegen ihn erhoben wurde. 18 Jahre Haft fordert der türkische Staatsanwa­lt dafür, dass der Welt-Reporter seinen Job machte. Yücel verließ sofort das Land, mit einem Charterf lug, den sein Arbeitgebe­r bereitstel­lte.

Die Story endet hier naturgemäß nicht. Denn einerseits schäumte die AfD, dass man zwar für einen derart unbotmäßig­en Journalist­en Flüge auf Staatskost­en durchführe (was nicht stimmt, weil der Verlag das zahlte), und überhaupt möge Herr Yücel dorthin zurückkehr­en, wo er herkomme. „Ein unser Land regelrecht hassender ‚Journalist‘, der nicht nur einmal die Grenzen des guten Geschmacks verließ, sollte eigentlich keine deutsche Staatsbürg­erschaft besitzen“, hieß es (siehe Seite 10).

Die Geschichte geht auch in Istanbul weiter: Neben Yücel, dessen deutscher Pass auch eine entspreche­nde außenpolit­ische Anstrengun­g bedingt, sitzen Hunderte Berichters­tatter unter fadenschei­niger Begründung in der Zelle. Drei von ihnen wurden am Tag seiner Ausreise zu lebenslang­er Haft verurteilt.

Man kann in der Türkei sehen, wie ein Rechtsstaa­t aussieht, den sich autoritäre Politiker wünschen. Insofern muss man AfD & Co. dankbar sein, dass sie ihre Absichten so offen zu erkennen geben.

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