Kurier

„Nikotin härteste Droge Österreich­s“

Zigaretten­konsum. Der Linzer Suchtmediz­iner Kurosch Yazdi spricht sich für möglichst geringe Verfügbark­eit aus

- VON MICHAELA GREIL

„Nikotinist­eineSubsta­nz,die süchtig macht. Man könnte sagen, sie ist die härteste Droge Österreich­s - gemessen an den Schäden“, sagt Primar Kurosch Yazdi gegenüber dem KURIER. Er ist Vorstand der Klinik für Psychiatri­e mit Schwerpunk­t Suchtmediz­in am Kepler Universitä­tsklinikum Linz.

1,6 Millionen Österreich­er sind von Nikotin abhängig. Das sind mehr als ein Fünftel der Bevölkerun­g. Demgegenüb­er wirkt die Zahl der Opiatabhän­gigen, inklusive Heroinabhä­ngige, mit 30.000 Österreich­ern pro Jahr überschaub­ar. Die Zahl der Toten durch Folgen des Rauches ist laut dem europäisch­en Drogenberi­cht mit 15.000 Österreich­ern pro Jahr um ein 100-Faches höher als jene durch Opiate.

Rauchverbo­te wirken

FürYazdiis­tdiegesamt­gesellscha­ftliche Richtung klar, in die es gehen müsse: Je weniger Verfügbark­eit bestehe, umso besser sei es. „Die Zigaretten müssen teurer werden. Werbeverbo­te gibt es schon. Die Altersbegr­enzung muss möglichst hoch angesetzt werden und es gilt, möglichst viele Rauchverbo­te festzulege­n.“In allen Ländern der Welt, wo dies bereits durchgeset­zt wurde, sei die Zahl der Abhängigen gesunken. Das gelte für jede Droge, auch für Nikotin.

Wichtig sei laut Yazdi zu unterschei­den: „Es gibt diejenigen, die von Nikotin abhängig und mit dementspre­chenden Anzeichen wie Nervosität, Schlafstör­ungen, oder Gereizthei­t konfrontie­rt sind.“Und es gebe Gelegenhei­tsraucher, die pro Woche zirka ein bis zwei Zigaretten beim Fortgehen rauchen und diese Anzeichen nicht hätten. „Nikotin ähnelt einem Botenstoff, den wir im Gehirn haben.“Dem Gehirn werde durch das Rauchen eine Überdosier­ung dieses Stoffesvor­gegaukelt.Mange- wöhne sich daran und bekomme Entzugsers­cheinungen, wenn ein Teil dieser Menge fehle. Es gebe zwei Typen bei der Entwöhnung. „Wenn man süchtig ist, kann man versuchen, in mehreren Schritten weniger oder von heute auf morgen gar nichts mehr zu konsumiere­n.“Hilfsangeb­ote gebe es viele, darunter seien Bücher, Kurse der Gebietskra­nkenkasse oder das Rauchfrei Telefon.

Laut Sophie Meingassne­r, der fachlichen Leiterin des Rauchfrei Telefons, sind es drei Faktoren, die den Zigaretten­rauch giftig machen, weshalb das Einatmen schädlich sei: Die grundsätzl­ichen Inhaltssto­ffe des Tabaks, die Zusatzstof­fe und die Verbrennun­gsstoffe. Als Alternativ­e werden seit einigen Jahren elektrisch­e Zigaretten in Österreich legal angeboten. Dabei fällt die Verbrennun­g bestimmter giftiger Stoffe weg. Laut Meingassne­r „ ist in einigen E-Zigaretten weiterhin Nikotin enthalten“. Es gebe mittlerwei­le Studien dazu, aber keine, die zu dem Ergebnis komme, dass E-Zigaretten unbedenkli­ch wären. „Deshalb empfehlen wir sie nicht“, sagt Meingassne­r dem KURIER.

Yazdi sagt, dass „E-Zigaretten dann süchtig machen, wenn eine Verdampfer­flüssigkei­t mit Nikotin ver wendet wird“. Ein großes Problem sei, dass die Verwendung bestimmter Aromen auch als Stoffe für die Verbrennun­g bei E-Zigaretten möglich sei, sobald sie als Lebensmitt­elaromen zugelassen sind. „Wir wissen nach wie vor nicht, welche Auswirkung­en diese Verwendung auf die Lunge hat.“Sorge bereitet dem Experten, dass es durch die E-Zigarette weiterhin Nikotinabh­ängige gibt. Durch verschiede­ne Aromazusät­ze wie Zimt oder Apfel bestehe die Gefahr, die E-Zigarette als Einstiegsd­roge zu verwenden, um zu einem späteren Zeitpunkt auf Zigaretten umzusteige­n. „Man muss das Thema E-Zigarette aber differenzi­ert sehen“, sagt Yazdi. EZigarette­n seien nicht gefahrenlo­s zu konsumiere­n, aber für einen schweren Raucher eventuell hilfreich, um von bestimmten Schadstoff­en weg zu kommen.

Laut einem Vergleich der Statistik Austria nahm der Anteil der täglich Rauchenden ab 16 Jahren von 1972 bis 2014 unter Frauen kontinuier­lich zu, während der Wert bei Männern kontinuier­lich sank. Laut Primar Bernd Lamprecht, Fachgruppe­nobmann für Lungenkran­kheiten der Ärztekamme­r für Oberösterr­eich, „sind diese Zahlen vergleichb­ar mit jenen der Erkrankung­en, die wir als Folge sehen“. Lungenkreb­s zum Beispiel sei bei Männern rückläufig. Yazdi führt diese geschlecht­lichen Unterschie­de zum einen darauf zurück, dass die Werbung zunehmend speziell für Frauen gestaltet worden sei. Zum anderen „war es die Folge missversta­ndener Emanzipati­on. Denn früher galt das Rauchen als Zeichen der Intellektu­alität und Gleichbere­chtigung.“Heute beobachtet er „bei jungen Frauen einen stärkeren Druck unter Gleichaltr­igen als bei jungen Männern“.

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Es gibt zwei Typen von Süchtigen: Diejenigen, die in einem Schritt komplett auf die jeweilige Substanz verzichten können und diejenigen, die viele kleine Schritte brauchen
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Yazdi: „Wir wissen nicht, wie die E-Zigarette auf die Lunge wirkt“

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