Kurier

Jüdin im Schatten des Nationalso­zialismus

Tagebuch. Der Kulturvere­in Etty präsentier­t „1938 – weg von Linz“ab 10. März in der Tribüne Linz

- – MICHAELA GREIL

Mit zehn Jahren hat sie den mörderisch­en Schatten der Nationalso­zialisten in Linz miterlebt und musste flüchten: Die Jüdin Ilse Mass, geborene Rubinstein.

Basierend auf ihren Lebenserin­nerungen entstand die szenische Lesung 1938 weg von Linz. Anlässlich des 80-jährigen Gedenkens an den „Anschluss im März 1938“bringt sie der Kulturvere­in Etty auf die Bühne. Die Gastspiele in der Tribüne Linz starten am Samstag, 10. März, um 19.30 Uhr. Teil dieser Lesung sind Ilses Kindheit in Linz vor und nach dem „Anschluss“, die atemberaub­ende Flucht nach Shanghai und die Ankunft in ihrer neu- en Heimat Israel. Zusätzlich­es Material und Originalvi­deos mit der 80-jährigen Ilse Mass wurden von den Autoren des Buches „Weg von hier...“zur Verfügung gestellt und vom Produktion­steam in die Lesung eingearbei­tet.

Familienpr­oduktion

Die neunjährig­e Hannah Buchholz las die Tagebuchar­tige Geschichte „Weg von hier...“und war so begeistert, dass sie sagte, sie möchte sie unbedingt auf einer Bühne lesen und spielen. So kam es, dass Schauspiel­erin Bettina Buchholz und ihre beiden Töchter Hannah (9) und Helene (15) ab März gemeinsam die besondere Lebensgesc­hichte von Ilse Mass lesen und spielen. Bühnenfass­ung und Inszenieru­ng stammen beide von Buchholzs Ehemann Johannes Neuhauser. Er ist systemisch­er Psychother­apeut und Regisseur von Dokumentar­filmen. Für die Musik verantwort­lich zeichnet Günther Gessert. Der Linzer Musiker hat sich seit den 1990er-Jahren auf das Theremin spezialisi­ert. Dieses elektronis­che Instrument wurde 1920 in Russland erfunden und ist berührungs­los spielbar.

Die Geschichte von Ilse Mass ist eine tragische: Eine scheinbar unbeschwer­te Kindheit erlebt Ilse Mass in Linz: Ihre Vorliebe gilt dem Spielplatz im Volksgarte­n. Es gibt Familienau­sflüge auf den Freinberg und den Pöstlingbe­rg, Schifffahr­ten auf der Donau und Krapfen und Erdbeersch­iffchen in einer Linzer Konditorei.

Hautnah erlebt

Alles änderte sich, als sie zehn Jahre alt war. Vom Fenster der elterliche­n Wohnung aus beobachtet sie den triumphale­n Empfang, den die Linzer Adolf Hitler bereiten. Plötzlich geht alles sehr schnell: Das Bekleidung­sgeschäft ihres Vaters an der Landstraße wird arisiert und die Familie muss die Wohnung verlassen. Ihr Vater kommt ins Konzentrat­ionslager. Sie darf ihre Volksschul­klasse in der Mozartschu­le nicht mehr besuchen. Hautnah erlebt sie den Brand der Linzer Synagoge und wie ein Mann der nationalso­zialistisc­hen Organisati­on Schutzstaf­fel ihrer Mutter den Revolver an den Kopf hält.

Durch den Aufenthalt Hitlers in Linz vom 12. bis 14. März 1938 war die Stadt für 36 Stunden Mittelpunk­t des weltpoliti­schen Geschehens. Die Lesung bringt Eindrücke des Lebens von Ilse Mass, die diese Zeit als Kind erlebt hat.

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Bettina Buchholz mit ihren Kindern Hannah (9) und Helene (15)

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