Es lebt! Wie sehr uns
Verdauungstrakt. Die Darmflora – das Mikrobiom – wirdmitmodernen Methoden intensiv untersucht. Auch wenn viele Mechanismen noch nicht endgültig entschlüsselt sind, gilt: Es ist nicht egal, was wir essen.
Wir sind viele – mit anderen Worten: Wir sind nicht alleine.
Auf und im menschlichen Körper lebt eine gigantische Zahl unterschiedlichster Mikroben. Ein geheimnisvolles Ökosystem, das Forscher fasziniert, weil das Gros dieser Mikroorganismen noch gar nicht identifiziert ist. Das Mikrobiom des Verdauungstrakts ist besonders interessant. Der Dickdarm, quasi ein „Hot spot“, gilt als die am dichtesten besiedelte Zone des Organismus. Hier tummeln sich Milliarden an Kleinstlebewesen, wie zum Beispiel Bakterien, Viren, Pilze oder Hefen.
Doch während die Zahl der wissenschaftlichen Studien zum Thema seit einigen Jahren exponentiell ansteigt, können viele Laien mit dem Begriff „Mikrobiom“noch wenig anfangen. Assoc. Prof. Christoph Steininger, Präsident der „Austrian Microbiome Initiative“(siehe Interview unten) veranschaulicht: „Der bekanntere Begriff für Mikrobiom ist Darmflora. Dieser ist auch durch die Werbung für Probiotika und Milchprodukte gängig geworden, wo es einen sehr großen Markt gibt. Da wissen viele, was es bedeutet, wenn man von sogenannten ,guten Bakterien spricht’.“
Universalgenies im Darm
Diese unterstützen die Verdauung und bilden wichtige Botenstoffe. Nicht nur: Studien haben gezeigt, dass das Mikrobiom dazu beiträgt, ob ein Mensch übergewichtig oder eines Tages an Diabetes leiden wird. Die neueste Forschung verweist sogar auf eine unmittelbare Verbindung zum Gehirn – man spricht von der so genannten Darm-Hirn-Achse, über die Emotionen oder das Gedächtnis beeinf lusst werden.
Solche revolutionären Erkenntnisse sind möglich, weil „die Mikrobiomforschung seit einer Dekade einen Riesensprung gemacht hat. Neu entwickelte Methoden erlauben es nämlich, Bakterien, die man bisher nicht kultivieren konnte, nachzuweisen und zu erforschen“, sagt Steininger. Auf diese Weise können Wissenschaftler sehen, wie eine Veränderung der Zusammensetzung der Bakterien, also der Darmflora, Menschen krank oder gesund machen und sie schützen kann.
Gleich nach der Geburt, in den ersten Lebensjahren, beginnt sich das menschliche Mikrobiom zu konstituieren – Einflüsse wie Umwelt, Erkrankungen, Medikamenteneinnahme und Ernährung wirken auf diesen Prozess bereits da störend. Doch auch im Laufe des Erwachsenenalters kann es zu Veränderungen des intestinalen Mikrobioms kommen. Mehr und mehr werden die Folgen dieser Veränderungen nachvollziehbar. So konnten Steininger und sein Team erst vor Kurzem nachweisen, dass das „böse“Bakterium Helicobacter pylori die Keimvielfalt im Magen verändert – mit möglichen Konsequenzen für das Mikrobiom des Dick- darms. Doch so spannend manche dieser Studienergebnisse sein mögen, so sehr warnen die Wissenschaftler vor allzu schnellen Schlüssen, die der aktuelle Hype mit sich bringt. Gerne wird das Mikrobiom als Universaltäter für viele Krankheiten dargestellt. Auch für neurologische oder psychische, wie etwa Parkinson, Depressionen oder Autismus. So einfach ist das allerdings nicht.
Mikrobiom und Krankheit
Sicher ist, dass Darmbakterien ihren „Gastgeber“beeinflussen – auf welche Art und Weise, und mit welchen Folgen, das beginnt man jetzt langsam zu verstehen. „Vieles wissen wir derzeit nur