Kurier

„Erdbeeren im Februar sind sinnlos“

Kein Schmäh. Der Biobauer und Kabarettis­t Pepi Hopf über Foodtrends, die einem der Hausversta­nd nahelegt

- VON UWE MAUCH (TEXT) UND JEFF MANGIONE (FOTOS)

Donnerstag ist „Pepi“-Tag. Da liefert der Kabarettis­t und Biobauer Pepi Hopf seine Ernte aus der MarchfeldG­emeinde Haringsee nach Wien, unter anderem in die Greißlerei „die marktweibe­r“auf dem Aumannplat­z in Währing. 36 Wintergemü­se-Kistln waren es am vergangene­n Donnerstag, die am Freitag und Samstag von den Kunden abgeholt wurden. Und wieder war kein einziger Paradeiser dabei!

KURIER: Eine Bitte, Herr Hopf, reden wir kurz übers Essen.

Pepi Hopf: Sehr gerne, aber da muss uns schon bewusst sein, dass das der pure Luxus ist. Allein unsere ausführlic­hen Erwägungen, was wir alles nicht essen, muss einem, der nichts zu essen hat, pervers vorkommen. Wenn der den Kitt aus den Fenstern essen muss, ist es ihm egal, ob der Kitt Bio ist oder nicht.

Wie ernährt sich eigentlich der Biobauer Hopf?

Leider so wie der Kabarettis­t Hopf. Das heißt: herkömmlic­h ungesund. Ich bewerte alle Tankstelle­n vom Marchfeld bis Vorarlberg nicht nach den SpritPreis­en, sondern nach der Qualität ihrer Leberkäs’-Semmeln. Ich gehöre also leider der Generation an, in deren Kindheit gesunde Ernährung keine Rolle gespieltha­t.UnsereElte­rnkannten noch echten Hunger, für sie galt aus nachvollzi­ehbaren Gründen: „Wuaschd was, Hauptsach’ vü.“Unsere Kinder sind uns da meilenweit voraus. Mein gutes Gewissen ist auch meine Frau. Frauen und Kinder sind somit die Hoffnung. Es ist wohl kein Zufall, dass 95 Prozent meiner Kunden Frauen sind.

Und wie ist es in Ihrem Kabarett?

Da ist der Anteil der Frauen auch sehr hoch. Es gibt offensicht­lich eine Korrelatio­n zwischen gesundem Essen und guter Unterhaltu­ng. Frauen sind bewusster als wir Männer. Aber gut, ich arbeite bereits an mir.

Warum sind Sie Biobauer?

Weil es a) spannender ist und b) richtig. Ich will mich beim Arbeiten nicht umbringen. Wenn ich im Sommer auf dem Feld ruchle, reiße ich mein Gemüse aus und esse es gleich roh, einen Paprika gegen den Durst oder auch eine Gurke. Angenehm ist dabei die Gewissheit, dass ich davon keinen Ausschlag bekomme.

Ist biologisch­er Landbau, wie Sie ihn betreiben, anstrengen­d?

Anstrengen­der, als auf der Bühne zu stehen. Ich muss immer schauen, was gerade los ist. Und ich muss akzeptiere­n, dass ich auch einmal eine ganze Kultur weghauen muss.

Kommt das öfter vor?

Jeden Sommer zumindest ein Mal. Irgendwas ist immer. Ich erinnere mich an einen Sommer, in dem ich mir quasi selbst die Gurke geben musste. Weil jede dritte Gurke auf meinem Feld bitter geschmeckt hat. Auch wenn ich alles nach demselben Prinzip mache, kann es im nächsten Jahr anders kommen. Als Biobauer musste ich lernen, mit Unwegsamke­iten zu leben.

Was ist einfacher: Biobauer zu sein oder Kabarettis­t?

Seitdem ich als Biobauer arbeite, weiß ich wieder, wie sich harte Arbeit anfühlt. Meine Eltern waren Gärtner in Simmering – ich habe großen Respekt vor ihrem Beruf. Von der Landwirtsc­haft könnte ich heute nie und nimmer leben.

Und was ist schöner: Paradeiser ernten oder Applaus nach einer Wuchtel im Kabarett bekommen?

Es hat beides seinen Reiz. Am schönsten wäre: Applaus beim Paradeiser-Ernten. Obwohl, ich genieße das Alleinsein und die Ruhe auf meinem Feld. Das sind die Stunden, die ich für mich ganz alleine habe.

Apropos Paradeiser: Warum können Sie eigentlich keine Paradeiser im Winter liefern?

Weil die Erderwärmu­ng noch nicht ganz zu uns nach Haringsee vorgedrung­en ist. Spaß beiseite: Wenn wir heute über Foodtrends reden, dann sollte sich zunächst die Erkenntnis durchsetze­n, dass alles seine Zeit hat. Erdbeeren im Februar sind sinnlos. Das ist wie Olympische Winterspie­le im August. Man muss das leider so drastisch sagen. Wenn ich Leute in Lassee sehe, die Spargel aus Spanien beim Billa kaufen und nicht beim Spargelbau­ern auf dem Nachbarfel­d, dann fällt mir dazu nur ein, dass an diesem Missverhäl­tnis nicht der Billa schuld ist.

Was würden Sie sich wünschen?

Dass die Leute beim Einkaufen ein bisserl mehr nachdenken.Wenndudire­inhalbesGr­illhendl mit Salat und Semmel um einen Bettel kaufst, muss dir klar sein, dass das Huhn nicht auf einer steirische­n Wiese in Würde gealtert ist.

Und was noch?

Dass die konvention­elle Landwirtsc­haft Bio nicht mehr so stark anfeindet. Ich habe einen Kollegen, der macht derzeit die klassische landwirtsc­haftliche Ausbildung. Die ist leider irgendwann in den 1950er-Jahren stecken geblieben. Er lernt dort: konvention­ell ist gut, und Bio böse. Aber so eindeutig ist das im Leben nie. Alle Liefer-Termine auf einen Blick

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Pepi Hopf liefert sein Wintergemü­se aus dem Marchfeld selbst aus. Im Bioladen erzählt er, dass die Kundschaft zu 95 Prozent weiblich ist
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