Kurier

Anti-Raucher-Initiative bringt Regierung in Bedrängnis

Volksbegeh­ren. Binnen drei Tagen mehr als 100.000 Unterschri­ften gegen türkis-blauen Plan, für neues Gesetz drängt die Zeit

- – RAFFAELA LINDORFER

Immer wieder sind die Server zusammenge­brochen, aber Rauchgegne­r sind offenbar ein hartnäckig­es Volk: Binnen drei Tagen wurde in der Nacht auf Sonntag die 100.000er-Marke beim Volksbegeh­ren für eine rauchfreie Gastronomi­e geknackt. Ein großer Teil dürfte die neue Möglichkei­t genutzt haben, online abzustimme­n.

Dabei läuft erst die VorPhase des „Don’t Smoke“Volksbegeh­rens, die eigentlich­e Eintragung­sphase ist noch nicht einmal beantragt. „Wir werden weiter sammeln, um so den Druck sukzessive zu erhöhen“, sagt Ärztekamme­r-Präsident und Mit-Initiator Thomas Szeke- res. Er ist überzeugt: „Es handelt sich hier um ein großes Votum, das die Politik zum Umdenken bewegen muss.“Bleibt die Frage: Wie? Nach außen hin geben sich die Regierende­n unbeeindru­ckt. Laut Gesundheit­sministeri­um bleibt es beim neuen Raucherges­etz, es wird gerade an einem Entwurf gearbeitet. Gastronome­n sollen frei entscheide­n, ob sie Raucherber­eiche wollen, im Gegenzug soll der Jugendschu­tz gestärkt werden.

Für Türkis-Blau drängt die Zeit. Am 1. Mai sollte das Gastro-Rauchverbo­t, das bereits 2015 beschlosse­n wurde, in Kraft treten. Um es zu verhindern, bräuchte es ein neues Gesetz. Der KURIER hat sich bei Parlamenta­riern nach Varianten umgehört.

Klassische­r Weg oder Kniff ?

Der klassische Weg der Gesetzgebu­ng müsste schon diese Woche starten: Wenn FPÖ-Ministerin Beate Hartinger-Klein da ihren Entwurf präsentier­t, könnte das neue Raucherges­etz nach der üblichen Begutachtu­ngsfrist von vier Wochen am 21. März im Nationalra­t eingebrach­t werden und muss dann noch in den Gesundheit­sausschuss.

Letztmögli­cher Termin für einen Beschluss im Nationalra­t ist die Plenarwoch­e von 17. bis 20. April, damit am 26. April noch der Bun- desrat abstimmen kann. Die Begutachtu­ngsphase, in der sich Experten und die Bevölkerun­g kritisch äußern könnten, kann sich die Regierung ersparen, indem das neue Gesetz über einen Initiativa­ntrag direkt im Plenum eingebrach­t wird.

Mit einem Kniff könnte man theoretisc­h auch den Gesundheit­sausschuss umgehen: Im März starten die Verhandlun­gen zum Budget, Gegenstand ist dabei auch das Tabakgeset­z. Durch einen Abänderung­santrag könnte man mit einem Federstric­h das anstehende Rauchverbo­t aussetzen, die aktuell praktizier­te Regelung mit den getrennten Raucherber­eichen würde dadurch praktisch verlängert. Diese Lösung wäre binnen eines Plenartage­s möglich.

Damit könnte die FPÖ, die ja der größte Verfechter der direkten Demokratie ist, Zeit gewinnen. Das Endergebni­s des Volksbegeh­rens liegt frühestens im Sommer vor. Auch FPÖ-Gesundheit­ssprecheri­n Dagmar Belakowits­ch, die die „Don’t Smoke“-Initiative gegenüber dem KURIER kürzlich noch als „politische Agitation“abtat, der man sich „nicht beugen“werde, sagt mittlerwei­le zum

ORF: „Sollte sich das wirklich die Bevölkerun­g wünschen, ist das (Rauchverbo­t, Anm.) nicht ausgeschlo­ssen.“

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