Kurier

Ankara träumt von Panzerdeal und Erdoğan-Auftritten in Deutschlan­d

Entspannun­gswünsche. Mit der Freilassun­g des Journalist­en Yücel will die Türkei wieder die Tür zu Deutschlan­d öffnen.

- VON ULRIKE BOTZENHART

„Ich weiß immer noch nicht, warum ich vor einem Jahr verhaftet wurde, genauer, warum ich vor einem Jahr als Geisel genommen wurde. Und ich weiß auch nicht, warum ich heute freigelass­en wurde“, sagte der Welt-Korrespond­ent Deniz Yücel am Samstag. Es bleibe „etwas Bitteres“zurück. Noch in Haft hatte sich Yücel, der heute in Deutschlan­d als „Journalist des Jahres“ausgezeich­net wird, gegen einen „schmutzige­n Deal“mit der türkischen Regierung verwehrt.

„Es hat nie einen Deal gegeben“, sagte der türkische Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu am Sonntag. Nachsatz: „Warum sollte er so wichtig sein, dass man irgendwelc­he Angebote für ihn machen müsste?“

Doch die Aussagen von Ministerpr­äsident Binali Yilderim werden ( nicht nur) Yücel bitter aufstoßen. Yilderim sagte im dpa-Interview, die türkische Regierung hoffe nun auf eine stärkere Rüstungsko­operation mit Deutschlan­d. Konkret sprach er von der deutschen Beteiligun­g am geplanten Bau des türkischen „Altay“Panzers. Es geht um 1000 Kampfpanze­r im Wert von etwa sieben Milliarden Euro. Schon Anfang 2018 sollte die Entscheidu­ng für die erste Tranche fallen, aber ohne Genehmigun­g der deutschen Regierung ist eine Beteiligun­g eines deutschen Unternehme­ns unmöglich.

Seit Beginn der laufenden türkischen Offensive gegen die Kurdenmili­z YPG in Syrien wurden deutsche Exportgene­hmigungen praktisch ganz gestoppt. Yildirim hält das für falsch. „Denn wir sind ein NATO-Mitglied, Deutschlan­d ist ein NATOMitgli­ed. Und in unserer Region schützen wir die NATOGrenze­n.“Auch der Einsatz der vor Jahren gelieferte­n deutschen „Leopard“-Panzer gegen die YPG sei rechtlich unbedenkli­ch:„Wirhabensi­e ja für Tage wie heute gekauft, wenn wir angegriffe­n werden. Wann sollten wir sie denn sonst einsetzen?“

Auf politische­r Ebene erwartet Yilderim eine spürbare Verbesseru­ng der Beziehunge­n: „Präsident Erdoğan wird (nach Deutschlan­d) kommen, und Frau Merkel, die Bundeskanz­lerin, wird in die Türkei kommen.“Dann soll es auch wieder Auftritte von Erdoğan und anderen Toppolitik­ern vor Landsleute­n in Deutschlan­d geben, so Yilderim. Vor dem umstritten­en türkischen Verfassung­sreferendu­m 2017 hatten deutsche Behörden einige Auftritte verboten. Erdoğan warf daraufhin den Deutschen „Nazi-Methoden“vor.

Schutz für Özdemir

Der Grüne Cem Özdemir spricht sich gegen eine Normalisie­rung der Beziehunge­n aus – und dabei wird er nach dem Wochenende in München wohl bleiben: Özdemir war am Rande der Sicherheit­skonferenz türkischen Sicherheit­skräften begegnet. Bayerns Polizei stellte ihn unter Polizeisch­utz mit dem Hinweis, die türkische Seite habe ihn als „Terroriste­n oder Mitglied einer terroristi­schen Vereinigun­g“bezeichnet. Cavusoglu bezichtete Özdemir der Lüge.

EinGlückfü­rAnkara,dass aus der Jamaika-Koalition mit einem Außenminis­ter Özdemir nichts wurde.

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Merkel und Erdoğan sollen sich bald nicht mehr den Rücken zukehren. Ankara erwartet sich eine baldige Verbesseru­ng des Klimas

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