Gute Geschichten, schräge Ideen und ein wenig Augenauswischerei
Bio-Messe. In Nürnberg zeigten Bio-Macher aus der ganzen Welt, was sie in den Markt drücken wollen.
Das Schlagwort „Bio“ruft bei Konsumenten verlässlich Bilder von saftig grünen Wiesen, freilaufenden Schweinen und zwischen Obstbäumen pickenden Hühnern hervor. Bio ist aber auch eine Industrie, die weltweit mehr als 70 Milliarden Euro im Jahr bewegt. Tendenz steigend.
Deswegen drängen konventionelle Lebensmittelhersteller mit ihren eigenen Bioschienen in den Markt, genauso wie diverse Glücksritter. Letztere oft mit Investoren im Hintergrund, die auf hohe Renditen setzen. Vergangene Woche hat sich die Öko-Branche bei der BioFach in Nürnberg zur Nabelschau getroffen. 3000 Aussteller aus der ganzen Welt waren da, vom SuperfoodsAnbieter aus China oder Peru bis zum Hanf-Bier-Brauer aus Österreich. An Ideen mangelt es der Branche nicht. Angepriesen werden etwa Vollkorn-Nudeln mit Algen oder Feta in Pulver-Form.
Bio ist ein weltumspannendes Geschäft. Das spiegelt sich auch in einzelnen Produkten wieder. Im Ingwer-Getränk der Firma Kloster Kitchen zum Beispiel. Hin- ter dem Start-up mit Sitz in der Schweiz stehen Deutsche, die Bio-Ingwer aus China mit Quellwasser aus Kärnten in Klagenfurt in grüne Flaschen abfüllen lassen. Angeblich auf Basis eines alten Klosterrezeptes. Überhaupt fällt auf,dasssichvieleJungunternehmer mit alten Traditionen, Sorten und Wissen ins Spiel bringen.
Streuobst für die Limo
Wie das Berliner Start-up Ostmost, das Fruchtsäfte presst und so alte Streuobst-Wiesen retten will. „Seit den 1980er Jahren sind die Bestände in Ostberlin um 80 Prozent zurückgegangen“, erklärt einer der Initiatoren. MitihnenalteSorten,diejetzt wieder in Mode kommen. Und für die Kunden auch gerne tiefer in die Tasche greifen. Zumindest will Ostmost dafür sorgen. „Wir laden Kinder zum Ernten und Pressen ein, damit sie sehen, wie viel Arbeit hinter dem Saft steht. Wir erziehen sie zu kritischen Käufern.“
Relativ unkritisch war die Bio-Szene bisher in Sachen Verpackung. Bio gibt es in Plastik eingeschweißt und in überdimensionierten Kartons steckend. Ein Thema, mit dem sich die Verpackungsexpertin Carolina E. Schweig beschäftigt. „Es ist oft eine Frage des Preises und der vorhandenen Maschinen, ob etwas in Plastik verpackt wird“, sagt die Beraterin. Mit dem Einstieg der Großkonzerne in die Bio-Szene könnte es zum Umdenken kommen, schließlich seien es die Konzerne, die sich eigene Verpackungsentwicklungsabteilungen leisten können. Derzeit werde viel Aluminiumeingesetzt,„woes überhaupt nicht notwendig ist“. Grund sei die Massenproduktion, die im Rekordtempo maschinell verpackt. Etwa in der Butterproduktion. „Bei so hohen Taktleistungen ist die exakte Faltung mit Aluminium am leichtesten“, erklärt Schweg. Aus demselben Grund habe sich übrigens die Aluminiumfolie auch in Zigarettenpackungen durchgesetzt. Technisch gibt es zwar Alternativen, allerdings zu höheren Preisen.
Augenauswischerei
Auf der Bio-Fach zeigen einige Hersteller auch stolz ihre neuen Verpackungen. Ein Hersteller von Fertiggerichten setzt nun auf braunes Verpackungspapier. „Eigentlich ist das eine Augenauswischerei“, gesteht er. Denn das Papier ist innen mit einer Folie beschichtet. Dennoch: „Der Kunde greift eben lieber zur Papierpackung, deswegen haben wir sie.“
Aus Österreich sind 99 Aussteller zur Bio-Fach gereist. Auch Josef Eisl, der am Messestand im Akkord Eis verteilt. Vor einem Jahr hat er einen Bio-Schafmilch-Eissalon in Salzburg eröffnet, jetzt will er mit Sorten wie Heidelbeer-Rosmarin den deutschen Markt erobern. Mit seinem Online-Shop, der im April an den Start geht. Der KURIER war auf Einladung von AMA Marketing in Nürnberg.