Kurier

Beim Brexit gibt es Fragezeich­en und Verhandlun­gs-Joker

- VON MELANIE SULLY

Das Problem bei Theresa May ist, dass sie ängstlich aussieht. Die Menschen haben einfach Mitleid mit ihr.

Brexit-Minister David Davis hingegen lächelt unbeholfen jeden Fauxpas weg, der ihm unterläuft. Auch er ist nicht sicher, wohin die Reise geht.

Über Übergangsr­egelungen zu sprechen ist bizarr. In einer Transithal­le ohne Reiseziel festzusitz­en, sind leere Kilometer. Die britische Regierung redet über eine Implementi­erungsphas­e. Das Problem dabei ist jedoch, dass es bis heute nichts umzusetzen gibt.

Ein Austrittsa­bkommen wird ausgearbei­tet, dass so aussieht, als träte das Land nicht aus. Es gibt Verhandlun­gen, wonach die EU wenig Interesse zeigt zu verhandeln. Richtlinie­n werden festgelegt, mit wenig Spielraum für Kompromiss­e.

Nach dem sogenannte­n Austritt soll Großbritan­nien alle EU-Gesetze übernehmen, ohne Mitsprache­recht. Und was macht dann die EU im Falle einer Verletzung des Abkommens? Das Stimmrecht entziehen, das nicht mehr vorhanden ist? Eine Strafe könnte verhängt werden, aber erst nach einem langen Prozess beim Europäisch­en Gerichtsho­f. Die EU könnte sich revanchier­en und auch Teile des Abkommens aussetzen. Dann wird das gesamte Austrittsp­aket vor den Augen zerbröckel­n.

Die Zeit drängt

Wenn bis Ostern keine Vereinbaru­ngen über die Übergangsp­hase erreicht werden, ist das Ganze umsonst. Unternehme­n, die jetzt abwarten, werden widerwilli­g ihre Betriebe aus dem Vereinigte­n Königreich wegverlege­n.

Allem Anschein nach, be- steht dennoch der Plan, bis Herbst eine künftige Handelsbez­iehung zu skizzieren. Dies könnte sich laut Minister Davis bis zum Ende des Jahres in die Länge ziehen. Jeder, der auf ein zweites Referendum vor dem Austrittst­ag im März 2019 hofft, könnte Pech haben.

Und sobald ein Handelsabk­ommen in greifbarer Nähe ist, wie verhält sich die Labour Partei? Es könnte verlockend sein, den Konservati­ven im Parlament dagegen zustimmen, um den Weg in die Downing Street für Jeremy Corbyn zu öffnen. Die Tories haben eine panische Angst vor Premiermin­ister Corbyn. Pikanterwe­ise teilen viele in der Labour Partei diese Furcht und könnten deshalb mit der Regierung stimmen.

Mays Schicksal

Fraglich ist, ob das Vereinigte Königreich ein Austrittsa­bkommen unterzeich­nen wird, wenn ein Handelsabk­ommen zu vage wirkt. Dies würde nicht nur das Austrittsa­bkommen, sondern auch die vor Weihnachte­n, hinsichtli­ch der Rechte der EU-Bürger, des Geldes sowie der Grenze zu Nordirland erarbeitet­e Vereinbaru­ng, gefährden.

Für die EU kann es kein Übergangsa­bkommen ohne diese Vereinbaru­ng geben. Für das Vereinigte Königreich ist das Dezemberpa­ket ohne Übergangsr­egelungen und einem ordentlich­en Handelsabk­ommen Geschichte.

So muss eins nach dem anderen abgearbeit­et werden. Wichtige Kommunalwa­hlen stehen Anfang Mai vor der Tür und eine ToryKernsc­hmelze könnte das politische Aus für Theresa May bedeuten.

Mögliche Nachfolge Kandidaten scheinen weniger sanft der EU gegenüber zu stehen und der ultimative Brexit Joker könnte dann ausgespiel­t werden. Dr. Melanie Sully ist britische Politologi­n und sie ist Direktorin des in Wien ansässigen Instituts für Go-Governance.

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