Unernste Tragödie, ernst gespielt
Kritik. Kleists gar schröckliches Drama „Familie Schroffenstein“
Heinrich von Kleist, geboren 1777, lebte im Seelenchaos: Soldat, Aussteiger, Spion, revolutionärer Zeitungsautor, Patriot. 1811 ertrug er sein Leben nicht mehr und erschoss sich (und eine Frau, die bereit war, ihn in den Tod zu begleiten).
Kleist nahm das moderne Drama vorweg, indem er auf die formalen Regeln des klassischen Theaters pfiff und tief in die seelischen Konflikte seiner Figuren vordrang – Kleist-Figuren glühen, sie handeln spontan (Prinz von Homburg) , folgen unerklärlichen Überzeugungen (Käthchen von Heilbronn) oder erotischer Raserei (Penthesilea), wie im Fieber.
„Die Familie Schroffenstein“war sein Erstlingswerk, eine Variation des Romeound-Julia-Stoffs, bei dem die Väter die eigenen Kinder töten, weil sie diese in Verkleidung nicht erkennen. Die Handlung ist überdreht, es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass Kleist das Stück selbst nicht allzu ernst nahm.
Im kleinen Wiener Theater Bronski & Grünberg inszenierte Fabian Alder das Drama ganz ernsthaft und ein wenig statisch. Vielleicht wäre es lohnender gewesen, die Geschichte im Stil absurden Theaters oder wie eine Quentin-Tarantino-Gruselkomödie zu erzählen. Das Ensemble spielt jedoch sehr gut, der 80 Minuten kurze Abend ist durchaus sehenswert. – GUIDO TARTAROTTI KURIER-Wertung: iiiii