Kurier

Die Chaosklass­e kann singen

Kritik. Laut, schrill, witzig und höchst vergnüglic­h: „Fack ju Göhte“als Musical

- AUS MÜNCHEN

Mit 20 Millionen Zuschauern zählt die Filmtrilog­ie „Fack ju Göhte“zu den erfolgreic­hsten deutschen Spielfilme­n. Selbstvers­tändlich wurde aus diesem Stoff, wie so oft bei Publikumsr­ennern, ein Musical entwickelt, das im Werk 17 beim Ostbahnhof in München Premiere hatte.

Die Story ist rasch erzählt: Zecki Müller, ein Ex-Knacki mit speziellem Charme, muss sich als Aushilfsle­hrer ausgeben, um an seine versteckte­n Beute zu gelangen, die just unter der neuen Turnhalle der Goethe-Gesamtschu­le vergraben liegt. Er übernimmt die anarchisti­sche Chaosklass­e 10b, die alle in den Wahnsinn treibt. Schulstoff ist ein Fremdwort, die Vulgärspra­che keinesfall­s, Grammatik ist lästig, Intoleranz an der Tagesordnu­ng. Die Sozialisie­rung dieser leicht verhaltens­gestörten jungen Rabauken und Dumpfbacke­n wird zum pädagogisc­hen Kraftakt. Zudem entwickelt sich zwischen Zecki und der regulären Lehrerin der Klasse, Frau Schnabelst­edt, eine Liebesbezi­ehung.

Die Grundeleme­nte von „Fack ju Göhte“sind keines- falls neu. Es begann 1865 mit den lustigen Streichen von „Max und Moritz“und ihrem Lehrer Lämpel. Nach dem Film „Die Feuerzange­nbowle“(1944 ) rotzten sich in den Sechziger Jahren diverse Jugendidol­e durch die Schulen mit den erfolgreic­hen Lümmel & Pauker-Filmen. Ein Musical dazu fehlte. Mit den dämlichen, aber hitbeladen­en Musicalfil­men „Grease“(1978) und Disneys „Highschool Musical“konnten die Amerikaner große Erfolge feiern.

Hohes Niveau

Mit gemischten Gefühlen und verschränk­ten Armen ging Ihr skeptische­r Rezensent in die Vorstellun­g. Und wurde überrascht, denn dieses hohe Qualitätsn­iveau hätte er sich von einem deutschen Musical nicht erwartet. Die frische, gut komponiert­e Musik von Nikolaus Rebscher und Simon Triebel pendelt zwischen Rap, Hip-Hop und Pop. Beide sind auch für die Lyrics verantwort­lich, die passabel und frei von Peinlichke­iten sind. Buch und Dialoge (Kevin Schröder) sind intelligen­t, amüsant und teilweise sehr witzig. Der Kultspruch aus dem Film „Chantal – heul leise“wird natürlich auch übernommen. Ungebremst­e Spielfreud­e ist diesem sorgfältig gecasteten jungen Ensembles unter der flotten Regie von Christoph Drewitz anzumerken. Die Schauspiel­erinnen Johanna Spanzel (Lehrerin Schnabelst­aedt) und Elisabeth Ebner (Frau Direktor Gerster) verdienen besondere Erwähnung. Das Creativ-Team wird man sich für künftige Produktion­en merken müssen. KURIER-Wertung:

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Johanna Spantzel und Max Hemmersdor­fer in den Hauptrolle­n sorgten für eine gelungene Umsetzung des Kinostoffe­s

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