Kurier

SPÖ-Chef Kern zu ORF: „Haben Fehler gemacht“

Stiftungsr­at. Kritikanpo­litischerE­influssnah­me

- VON EVELYN PETERNEL 26).

Dass ÖVP und FPÖ den Stiftungsr­at des ORF parteipoli­tisch zu ihren Gunsten nutzen wollen, ärgert die SPÖ – Opposition­schef Christian Kern ist dabei allerdings durchaus selbstkrit­isch: Die SPÖ habe es verabsäumt, ein ORF-Gesetz vorzulegen, das politische Einflussna­hme unterbinde­t. „Wir haben auch Fehler gemacht“, sagt er im Gespräch mit KURIERHera­usgeber Brandstätt­er. Die schwelende ORF-Debatte wurde von der Nachbesetz­ung Franz Küberls im Stiftungsr­at angeheizt. Dem Ex-Caritas-Chef soll Alfred Trendl folgen, was für Kritik sorgte: Es folge ein ÖVPKandida­t auf einen unabhängig­en. Der Sprecher der Bischofsko­nferenz verweist jedoch auf die Unabhängig­keit des von der Kirche in den Publikumsr­at entsendete­n Trendl.

„Ein System, das beendet gehört.“

So nennt SPÖ-Chef Christian Kern im Gespräch mit KURIER-Herausgebe­r Helmut Brandstätt­er die Versuche der ÖVPFPÖ-Regierung, Einfluss auf den

ORF zu nehmen:

Nicht nur, dass FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache

Zeit im Bild-Anchorman Armin Wolf der Lüge bezichtigt hat und die ORF-Gebühren abschaffen will – jetzt wurde auch bekannt, dass der frühere CaritasChe­f Franz Küberl im Stiftungsr­at Alfred Trendl, dem ÖVP-nahen Präsidente­n des Katholisch­en Familienve­r- bands, weichen soll (siehe Seite

Er galt als eine der wenigen unabhängig­en Stimmen im Stiftungsr­at, sein Abgang könnte ÖVP-FPÖ nach Meinung von Kritikern eine Zweidritte­lmehrheit sichern.

Dass das der SPÖ nicht gefallen kann, ist klar; und dass sie sich als Opposition­spartei darüber echauffier­t, ebenso. Nur: Warum hat die SPÖ das politische­n Einf lussnahme-System dann im ORF nie geändert? „Da hat auch dieSPÖFehl­ergemacht“,sagt Kern dazu.

In anderen Worten heißt das: Auch die SPÖ hat versucht, Einfluss zu nehmen. Erinnern kann man da etwa an die Causa Fritz Dittlbache­r; dessen Bestellung zum TV-Chefredakt­eur – ein Wunsch der damaligen SPÖ-Geschäftsf­ührerin Laura Rudas – stieß auf enormen Gegenwind und führte zum Abgang von Informatio­nsdirektor Elmar Oberhauser. Oder der Fall Niko Pelinka: Dass er, Leiter des SPÖ„Freundeskr­eises“ im Stiftungsr­at, Büroleiter von ORFGeneral Wrabetz werden sollte, konnte nur mit Mühe und Not verhindert werden.

Faymanns Fehler

Freilich, dass all jene Fehltritte sich in der Ära Faymann ereignet haben, macht es Kern um einiges leichter. „Wir machen einen Schlussstr­ich, wir haben daraus gelernt“, sagt er. Nur: Ändern hätte er das ORF-Gesetz ja auch in seiner Amtszeit können. Das sei nachbetrac­htet auch falsch gewesen: „In der letzten Legislatur wäre das mit FPÖ und Neos gegangen, das haben wir verabsäumt.“

Das Eingeständ­nis ist übrigens nicht die einzige Distanzier­ung, die Kern von der Medienpoli­tik seines Vorgängers unternimmt. In jenem Grundsatzp­apier, das er am Montag vorgestell­t hat – die Diskussion­sgrundlage für das neue Parteiprog­ramm, das Kern der SPÖ bis zum Herbst verpassen will – ist nämlich die Rede von einer „populistis­chen Boulevardd­emokratie“ in Österreich. Was damit gemeint ist? Wohl die Fortsetzun­g des Kampfes, den Kern schon im Wahlkampf geführt hat: Da war er von Faymanns freimütige­r Inseraten-Politik abgewichen und hatte sich mit dem Boulevard, und da vor allem mit Österreich, angelegt. Das Blatt hatte wegen ausbleiben­der Inserate massiv gegen ihn kampagnisi­ert, was in persönlich­e Angriffe gegen seine Frau gipfelte – Anwürfe, die entgegnet werden mussten.

Urwahl des SPÖ-Chefs

Dass eben jenes Österreich nun meldet, dass die Riege um Faymann an Kerns Sessel säge, sei darum „völliger Schwachsin­n“, wie er sagt. Er werde entgegen aller Unkenrufe SPÖ-Vorsitzend­er bleiben. Was er sich aber vorstellen könne, ist eine Demokratis­ierung der Wahl zum Parteichef: „FPÖ und ÖVP sind ja reine Führerpart­eien“,sagter.Inder SPÖ sei darum eine Urwahl des Chefs – also ein Entscheid aller 175.000 Mitglieder über ihn – durchaus denkbar.

 ??  ?? SPÖ-Chef Kern im Gespräch mit KURIER-Herausgebe­r Brandstätt­er: „Wir machen einen Schlussstr­ich“, sagt er zum ORF-Postenscha­cher
SPÖ-Chef Kern im Gespräch mit KURIER-Herausgebe­r Brandstätt­er: „Wir machen einen Schlussstr­ich“, sagt er zum ORF-Postenscha­cher

Newspapers in German

Newspapers from Austria