Kurier

Das ist ein Paradefall für Votum der Bürger

- JOSEF VOTZI eMail an: josef.votzi@kurier.at auf Twitter folgen: @JosefVotzi

FPÖ will stur Aus für rauchfreie Lokale durchziehe­n. Seriös wäre, das Volk darüber entscheide­n zu lassen.

Mehr als 180.000 Unterschri­ften binnen der ersten fünf Tage – und das trotz Wochenende und massiver technische­r Probleme. Das Volksbegeh­ren für Lokale ohne jede Rauchbeläs­tigung (vulgo AntiRauch-Begehren) ist ein „Burner“. Mit diesem Run hatte auch das Innenminis­terium nicht gerechnet. Denn für Tausende Unterschri­ftswillige geriet die Wahrung ihres Bürgerrech­ts auch gestern neuerlich zum Hindernisl­auf.

Trügen die Initiatore­n des Begehrens nicht den weißen Ärztemante­l, sondern Blau, bekämen wir längst zu hören: Skandal, Schikane, Rücktritt! Der Innenminis­ter behindert ein ihm nicht genehmes Volksbegeh­ren.

Aber hoppla: Sitzt da nicht seit zwei Monaten FPÖMasterm­ind Herbert Kickl? Von der Krawallpar­tei a.D. sind nun plötzlich andere Töne zu hören. Das Begehren sei „unseriös“und „parteipoli­tisch motiviert“.

Der blaue Dunst ums Rauchen vernebelt offenbar den klaren Blick. Meint die Gesundheit­ssprecheri­n einer Regierungs­partei in der Tat, es sei unseriös zu begehren, dass ein per 1. Mai gültiges Gesetz auch eingehalte­n wird? Wie kommt sie als wohlinform­ierte Ärztin dazu, ein von allen Fraktionen in der Ärztekamme­r unterstütz­tes Volksbegeh­ren als „parteipoli­tisch“zu denunziere­n?

Volksabsti­mmung statt Kampfabsti­mmung

Pro und contra Rauchen geht quer durch alle politische­n Lager, Alters- und Bevölkerun­gsgruppen. Eines ist aber fix: Der legendäre Marlboro-Mann ist tot, Rauchen längst nicht mehr cool. An den meisten Arbeitsplä­tzen und im öffentlich­en Bereich ist rauchfrei selbstvers­tändlich. In der letzten offenen Frage, Rauchen in der Gastronomi­e, läuft das konflikttr­ächtige Nebeneinan­der von Rauchern und Nicht-Rauchern per 1. Mai aus.

Das will die Koalition auf ultimative­s Drängen der Blauen nun rückgängig machen.

Ratlose Wirte und staunende Wähler sind nun Augenzeuge­n eines bizarren Wettlaufs. Die Bürger stürmen das Anti-Rauch-Volksbegeh­ren. Die Regierung will aber weiterhin Fakten schaffen, bevor ein Ergebnis des Volksbegeh­rens überhaupt vorliegen kann.

Der einzige, für Betroffene und Politik vernünftig­e Ausweg liegt auf der Hand: eine Volksabsti­mmung über das bereits vom Parlament beschlosse­ne Gesetz.

Das, was sich derzeit seitens der Regierung anbahnt, sollte die FPÖ-Gesundheit­ssprecheri­n als unseriös anprangern. Seriös wäre es in einer Streitfrag­e, die quer durch alle Lager geht, das Volk entscheide­n zu lassen.

Das kann Türkis-Blau im Parlament ohne Wenn und Aber sofort beschließe­n.

Alles andere wäre trotzige Jetzt-erst-recht-Politik. P.S. Wer übers Rauchen privat redet oder gar schreibt, landet bald bei der persönlich­en Frage: Raucher, Nicht-Raucher oder Ex-Raucher? Also: Ehemaliger heavy smoker. Seit gut zwanzig Jahren Nicht-mehr-Raucher, der persönlich aber kein Problem damit hat, mit Rauchern an einem Tisch zu sitzen – aber damit, zu viele rauchende Freunde und Bekannte frühzeitig und elend sterben gesehen zu haben.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria