Kurier

Die Globalisie­rung der Exoten

Wechselhaf­t. Eine Inderin für Holland, ein Holländer für Ghana

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Hubertus von Hohenlohe, der mexikanisc­he Adelige, ist seit seinem Erstauftri­tt bei Olympia im Jahr 1984 der Grandseign­eur des Exotentums. Es folgten 1988 jamaikanis­chen Bobfahrer und der englische Maurer „Eddy the Eagle“, der als Skispringe­r dilettiert­e.

Migration, Mobilität und Globalisie­rung haben dazu beigetrage­n, dass Exoten ein bisschen weniger exotisch sind als einst.

Sabrina Simader kam mit drei Jahren nach Österreich, fährt in Südkorea für ihr Mutterland Kenia. Für Bolivien fährt der Tiroler Simon Breitfuss Kammerland­er. Nicola Zanon, Sohn einer Thailänder­in und eines Italieners, startet für sein Mutterland. Michel Macedo startet für Brasilien, seine Familie ist in die USA ausgewande­rt als er drei Jahre alt war. Die Mutter von Yohan Goutt Goncalves flüchtete aus Osttimor, der Sohn wuchs in Frankreich auf. Shannon-Ogbnai Abeda wurde in Kanada geboren, der 21-jährige IT-Student aus Calgary ist der erste Starter für Eritrea, und das im alpinen Skilauf. Das neueste europäisch­e Land auf Winterspor­t-Niveau ist der Kosovo. Nach der Sommer-Premiere in Rio 2016 mit JudoGold von Majlinda Kelmendi ist nun Skifahrer Albin Tahiri (28) an der Reihe.

Mialitiana Clerc (16), die für Madagaskar fährt, wurde als Einjährige von französisc­hen Eltern adoptiert und wuchs in den Alpen auf.

Das tropische Malaysia darf sogar auf Anhieb in zwei Sportarten mitfiebern. Skifahrer Jeffrey Webb (18) ist oft zum Trainieren im Land seines Vaters, in den USA. Eiskunstlä­ufer Julian Yee konnte in seiner Heimat nur am frühen Morgen oder späten Abend in den Einkaufsze­ntren rund um Kuala Lumpur trainieren – manche hatten eine kleine Eisf läche: „Es war wie der Versuch, einen A380 auf einer Miniatur-Landebahn aufzusetze­n.“

Langlauf-Exoten

Echte Exoten wie Taufatofua gibt es bei den Langläufer­n. German Madrazo ist Mexikaner und freute sich über Platz 116. Egal, ob Letzter, Hauptsache im Ziel.

Sebastian Uprimny aus Kolumbien landete vor dem Mexikaner, aber hinter seinem Freund aus Tonga. Klaus Jungbluth Rodriguez aus Ecuador war einst Gewichtheb­er. Der 38-jährige Langläufer lebt als Sportstude­nt in Australien.

Akwasi Frimpong verpasste als Sprinter die Sommerspie­le in London 2012, im Bobteam der Niederland­e war er 2014 nur Reservist. Nun geht der 31-Jährige als Skeleton-Pilot für sein Geburtslan­d Ghana in PyeongChan­g an den Start.

Als illegaler Einwandere­r lebte Frimpong 13 Jahre in den Niederland­en, ehe er einen holländisc­hen Pass bekam. Er stammt aus ärmsten Verhältnis­sen. Zu Weihnachte­n gab es einst zur Feier des Tages eine Flasche Cola für ihnundsein­eneunGesch­wister, erzählte er. Er wuchs bei seiner Großmutter in einer 16 Quadratmet­er großen Kammer auf. Seine OlympiaTei­lnahme finanziert­e Frimpong zuletzt als Staubsauge­rVertreter.

Die Eisschnell­äuferin Anice Das startet für die Niederland­e, ist aber die erste in Indien geborene Sportlerin, die an Winterspie­len teilnimmt. Sie und ihre Zwillingss­chwester wurden im Alter von acht Monaten von einem holländisc­hen Ehepaar adoptiert.

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Tonga, Tonga: Pita Taufatofua lief 15 KiIometer lang Ski und begeistert­e bei der Eröffnung die südkoreani­sche Damenwelt

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