Kurier

Wien und der Streit um Hochhäuser: Danube Flats bleiben zunächst Luftschlos­s

Wohntürme. Erste Beschwerde gegen Baubeschei­d liegt vor. Experte erklärt Aufregung um derartige Projekte.

- VON STEFANIE RACHBAUER für

Eigentlich sollten sie seit zwei Jahren neben der Reichsbrüc­ke in den Himmel ragen: Die Danube Flats – eines von mehreren, zum Teil heftig umstritten­en Hochhaus-Projekten in der Stadt. Mittlerwei­le hält der Bauherr, ein Konsortium aus der S+B Gruppe und der Soravia Group, einen Baubeschei­d in den Händen. Doch das bedeutet nicht, dass am Standort des ehemaligen Cineplexx-Centers bald die Baumaschin­en auffahren, um rund 660 Wohnungen aus dem Boden zu stampfen.

Denn wie die Baupolizei (MA 37) mitteilt, liegt bereits eine Beschwerde gegen den Bescheid vor. Und diese schiebt den Baustart auf – bis das Verwaltung­sgericht als zweite Instanz ein Urteil spricht. In Anbetracht der Geschichte des Projekts ist davon auszugehen, dass noch weitere Parteien von dieser Möglichkei­t Gebrauch machen. Denn allen voran haben die Bewohner des benachbart­en Seidler-Towers seit der Präsentati­on des Vorhabens im Jahr 2012 eine Verschlech­terung ihrer Lebensqual­ität durch den 167 Meter hohen Wohnturm befürchtet und dagegen mobilisier­t.

Politische Unterstütz­ung kam von der FPÖ, die der Stadtregie­rung eine Flächenwid­mung auf Wunsch vorwarf. Letzteres bestätigte im Vorjahr die Volksanwal­tschaft. Nichtsdest­otrotz beschloss der Gemeindera­t 2015 die Hochhaus-Widmung. Im Gegenzug verpflicht­ete die Stadt das Konsortium zur Schaffung von sozialer Infrastruk­tur und von Sozialwohn­ungen.

Mitte 2016 – also in jenem Jahr, für das die Fertigstel- lung angesetzt war – wurden die Danube Flats bei der Baubehörde eingereich­t, sagt eine Soravia-Sprecherin. Umfangreic­he Untersuchu­ngen und Abstimmung­en mit den vorhandene­n Bauwerken – wie Autobahn, Reichsbrüc­ke und Seidler-Tower – seien für den Verzug verantwort­lich. Laut Baupolizei zogen Einwendung­en und Gutachten zu den Windverhäl­tnissen das Bauverfahr­en in die Länge.

Aufreger Hochhaus

Ähnliche Diskussion­en wie bei den Danube Flats begleiten auch andere HochhausPr­ojekte in Wien – allen voran den Wohnturm am Heumarkt. Im neunten Bezirk versetzt indes ein bis zu 126 Meter hohes Gebäude am Althanquar­tier die Anrainer in helle Aufregung. Ein weiteres Konf liktfeld tut sich im Nordbahnvi­ertel auf, wo anstelle von acht Türmen nun nur sechs, dafür aber höhere entstehen sollen (siehe Grafik).

Aus Sicht von Christoph Luchsinger vom Institut für Städtebau an der TU Wien ist diese Polarisier­ung mit zwei Aspekten erklärbar: Der guten Sichtbarke­it von Hochhäuser­n im Stadtbild und der Vorstellun­g, dass sie „Geldmaschi­nen“für Investoren sind. Dieses Bild treffe vor allem auf Büro-Türme zu – die als reine Anlageobje­kte dienen, sagt Luchsinger. Wohn-Hochhäuser seien hingegen sehr teuer und das Korsett, in dem sich Investoren bewegen, eng – nicht zuletzt wegen Auf lagen von der Politik. „Das Hochhausko­nzept derStadtle­gtfest,dassImmobi­lienentwic­kler für die Aufzonung einen Gegenwert leisten müssen“, erklärt Luchsinger. Ein Beispiel dafür ist ein bestimmter Anteil sozial gebundener Wohnungen.

Eine zentrale Frage in den Debatten sei zudem, wie groß die Basis des Widerstand­s sei. „Wenn wir eine Volksbefra­gung unter allen Stadtbewoh­nern über die Wahrnehmun­g der Höhenentwi­cklung in Wien machen würden, wüsste ich nicht, was dabei herauskomm­t“, sagt Luchsinger. Von einem ist er aber überzeugt: Ein probates Mittel gegen die Wohnungskn­appheit sind Hochhäuser nicht. „Die Flächenent­wicklung unter 35 Metern (Marke Hochhäuser) ist wesentlich effiziente­r für die Bereitstel­lung von Wohnraum.“

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Zwischen DC-Tower (li.) und Seidler-Tower (re.) soll an der Reichsbrüc­ke ein Hochhaus entstehen
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Christoph Luchsinger von der TU Wien ist Experte für Städtebau

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