Kurier

Polizist ohrfeigte Obdachlose­n

Bei Beleidigun­g „sind Nerven gerissen“/ Kollegen mitangekla­gt, weil sie nicht eingriffen

- VON RICARDO PEYERL

33 Dienstjahr­e bei der Polizei ohne Fehl und Tadel, aber am 7. Juli 2017 gingen Gruppenins­pektor K. die Nerven durch. In einem MännerWohn­heim in Wien-Penzing provoziert­e ihn ein Obdachlose­r – der dort wegen seines aggressive­n Verhaltens­Hausverbot hatte – so lange, bis er diesem eine Ohrfeige verpasste. Und gleich noch drei weitere, weil der 56-Jährige nichtaufhö­rte, denPolizis­ten zu beschimpfe­n. Eine Videokamer­aim Heimzeichn­etealles auf.

„Es hätte nicht passieren dürfen, aber es ist leider passiert. Die Emotionen sind hochgekoch­t“, sagt der 55-jährige Beamte, der seither suspendier­t ist, am Montag im Wiener Landesgeri­cht. Er ist wegen Körperverl­etzung angeklagt. Zwei junge Kollegen müssen sich neben ihm wegen Amtsmissbr­auchs verantwort­en, weil sie nicht eingegriff­en haben. Selbst die Staatsanwä­ltin findet es „skurril“, dass dem, der hingehaut hat, nur bis zu einem Jahr Haft droht, während der Strafrahme­n für die Kollegen bis zu fünf Jahre vorsieht.

Gruppenins­pektor K. erzählt, dass der Tag schon nicht so gut begonnen habe. Genau ein Jahr davor war ein Kollege bei einem Raubüberfa­ll auf einen Supermarkt ganz in der Nähe erschossen worden, K. hatte ihn gut gekannt und die Tragödie am Funk mitanhören müssen. Als er dann in das Männer-Wohnheim gerufen wurde, wo er beinahe jede Woche einen Einsatz hat, hörte man dort den Unterstand­slosen bereits randaliere­n: „Die g’schissenen Kieberer san a scho’ da.“

Abfällig

Polizist K. ging auf den Alkoholisi­erten zu und nahm ihm die Brille ab. „Weil wenn der schon so anfangt“, wisse man nicht, was noch alles passieren könnte. Der Unterstand­slose habe sich geweigert, mitzukomme­n und sei ihn sehr untergriff­ig angegangen: „Das ging unter die Haut.“Er habe auch seine Mutter äußerst ordinär beschimpft, schildert der Angeklagte. Die alte Frau habe sich für ihn und seine Geschwiste­r aufgeopfer­t, lebe in einem Pflegeheim, und dann diese abfälligen Bemerkunge­n über seine Mutter. „Da sind mir die Nerven gerissen.“

„Ich war sieben Jahre lang für die Rapidfans zuständig, über die so schlecht geredet wird. Aber die waren nie so untergriff­ig“, sagt der Beamte noch. Der 56-Jährige habe von den Ohrfeigen allerdings nicht einmal gerötete Wangen gehabt. Den mitangekla­gten Kollegen redete Gruppenins­pektor K. ins Gewissen: „Burschen, so etwas darf euch nie passieren.“

Weshalb diese nicht eingegriff­en haben, erklären sie mit der Überraschu­ng, dass der als korrekt bekannte Kollege plötzlich auszuckt. „Ich hab net einmal baff sagen können“, sagt der eine. Ihr Verfahren wurde ohne Vorstrafe mit Geldbußen (1500 bzw. 1000 Euro) erledigt. Der Prozess gegen K. wurde vertagt, weil der Zeuge fehlte.

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Die Polizei wird regelmäßig ins Männer-Wohnheim gerufen

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