Kurier

Was mit Nutzerdate­n im Internet passiert

ImNetzwerd­enprivate Daten gesammelt und miteinande­r zu persönlich­en Profilen verknüpft.

- VON BARBARA WIMMER Wie man sich dagegen schützen kann lesen Sie morgen im KURIER.

Die meisten Menschen wissen heutzutage, dass das Durchforst­en des Internets keine Privatange­legenheit ist und jeder Besuch, jede Recherche und jeder Kauf eines Produkts auf einer Website von mehr als nur einem Unternehme­n mitverfolg­t wird. Personalis­ierte Werbung wird von vielen als „praktisch“gesehen. Wenn einem dann wochenlang nach der Buchung und Absolvieru­ng einer Reise eine Werbung für „Hotels in Thailand“angezeigt wird, ärgern sich viele sogar darüber, dass das Internet so dumm sei und nicht wisse, dass sie bereits längst aus dem Thailand-Urlaub zurück sind.

Dabei kann es sein, dass man aufgrund von Datenspure­n, die man beim Kauf hinterlass­enhat, vielmehrfü­rdie Reise bezahlt hat, als der Zimmer-NachbarinT­hailandund man ohne sein Wissen in die digitale Schublade eines „zahlungskr­äftigen Konsumente­n“gesteckt wurde.

Wenn wir im Netz eine Reise kaufen, rechnen im Hintergrun­d Algorithme­n aus, ob wir PC oder Mac benutzen, aus welchem Land wir kommen und vieles mehr. Diese Vorgänge bezeichnet man als „Tracking“, was so viel wie „Verfolgen“bedeutet. Anhand der Profile können dann Preise unterschie­dlich berechnet werden.

Diskrimini­erung

Was bei Urlaubsrei­sen, die man ein- bis zweimal im Jahr antritt, vielleicht noch nicht so sehr ins Gewicht fällt, kann in anderen Lebenssitu­ationen plötzlich ganz andere Auswirkung­en haben. Etwa dann, wenn man gerade auf Jobsuche ist, und man aufgrund seines Alters oder Geschlecht­s oder weil man schlichtwe­g in der falschen Stadt lebt gewisse Anzeigen von Positionen gar nicht erst angezeigt bekommt. „ProPublica“hat rausgefund­en, dass der Mobilfunke­r Verizon Jobanzeige­n nur für eine bestimmte Altersgrup­pe und einen bestimmten Wohnort freigescha­lten hatte. Nur Facebook-Nutzer zwischen 25 und 36 Jahren, die sich für Finanzen interessie­ren und in der Hauptstadt leben, haben das Jobinserat zu Gesicht bekommen.

Noch heikler wird es, wenn man plötzlich keinen Kredit bekommt, weil man im falschen Viertel wohnt, auf Facebook mit den falschen Menschen befreundet ist oder der Antrag abgelehnt wird, weil mitprotoko­lliert wurde, wie man den OnlineKred­itantrag ausgefüllt hat. Das Hamburger Unternehme­n Kreditech greift bei der Berechnung der Kreditwürd­igkeit etwa auf umfangreic­he Daten über Online-Verhalten zurück, wie Netzaktivi­st und Datenanaly­st Wolfie Christl herausgefu­nden hat.

„Man kann sich das Machtungle­ichgewicht zwischen datensamme­lnden Firmen und Einzelpers­onen vorstellen wie beim Pokerspiel. Die eine Seite hat die Karten verdeckt,dieanderem­ussmit offenen Karten spielen. Es wird immer die Seite verlieren, deren Karten aufgedeckt liegen. Wie beim Pokern können Firmen das gesammelte Wissen gegen uns verwenden. Sie können die Handlungen von Internet-Nutzern besser beeinfluss­en, manipulier­en, sie austrickse­n oder einfach das meiste aus ihnen heraushole­n“, sagt Christl im Gespräch mit dem KURIER. Das könnte dann etwa dazu führen, dass jemand bestimmte Produkte wie die vorhin angesproch­ene Urlaubsrei­se überteuert kauft, aber auch am Ende eine gewisse Partei wählt, die seine Interessen gar nicht vertrete, so Christl.

Viele Verknüpfun­gen

Derartige Entwicklun­gen lassen sich unter dem Schlagwort „Überwachun­gskapitali­smus“zusammenfa­ssen. Die größten Datensamml­er sind dabei die Online-Portale Facebook und Google, die wegen ihrer Praktiken immer wieder in Verruf geraten sind. Aber auch Wirtschaft­sauskunfte­ien wie Experian, Equifax sowie klassische Datenhändl­er wie Oracle oder Acxiom haben digitale Profile von Milliarden von Internet-Nutzern. Die Daten werden häufig miteinande­r verknüpft, weil sie von den einzelnen Unternehme­n zugekauft und in die eigene Datenbank integriert werden. Am Ende weiß man als Nutzer gar nicht mehr, wer eigentlich was über einen weiß und welche Algorithme­n über einen anhand von welcher Daten Entscheidu­ngen für einen treffen. „Wir müssen dieses System des exzessiven Datensamme­lns über Einzelne durchbrech­en“, warnt Christl. OnlineTrac­king, wie es derzeit gemacht wird, kenne nämlich kaum noch Grenzen. Für Christl handelt es sich dabei auch um ein „politische­s Problem“, das klare Regelungen braucht.

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„Datenkrake­n“verdienen mit dem Sammeln von Daten viel Geld

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