Kurier

Letzter Ausweg bei Endometrio­se?

Gebärmutte­r-Entfernung. Schauspiel­erin Lena Dunham entschied sich zu radikalem Schritt. Experten sind skeptisch

- VON INGRID TEUFL (TEXT) UND KATRIN SOLOMON (GRAFIK)

Schmerzen, die alles andere auszulösch­en scheinen und einen normalen Alltag unmöglich machen – um ihre chronische Krankheit Endometrio­se in den Griff zu bekommen, entschloss sich die Schauspiel­erin und Filmproduz­entin Lena Dunham („Girls“) zu einem radikalen Schritt. Mit 31 Jahren ließ sie sich die Gebärmutte­r entfernen.

Wer eine derartig schwerwieg­ende Entscheidu­ng trifft, muss dafür gute Gründe haben. Frauen-Gesundheit­sorganisat­ionen in den USA und Großbritan­nien betonen, dass Ärzte bei jüngeren Frauen eher von einer Entfernung absehen würden, wenn es nicht absolut notwendig wäre. Auch Dunham schreibt in ihrem Essay für die Vogue, dass sie sich nicht leichtfert­ig entschloss­en habe und erst lernen musste, mit dem Gedanken umzugehen. Etwa damit, niemals schwanger zu werden. Ihre Eierstöcke wurden zwar nicht entfernt, ob sie noch aktiv sind und etwa eine Leihmutter­schaft möglich wäre, will sie nach ihrer Genesung mit ihren Ärzten besprechen. Vorerst hofft Dunham, nun die chronische­n Schmerzen, die zuletzt unerträgli­ch geworden waren, los zu sein. Die Entfernung sei ihr einziger Ausweg gewesen. Bereits in den vergangene­n zehn Jahren hatte sie sich mehreren OPs unterzogen, bei denen immer wieder Endometrio­se-Herde entfernt worden waren.

Mehr Bewusstsei­n für Erkrankung

Etwa zehn Prozent aller Frauen im gebärfähig­en Alter sind von Endometrio­se in unterschie­dlichen Schweregra­den betroffen (siehe Grafik). Obwohl das Bewusstsei­n bei Frauen und Ärzten wächst, wird die Erkrankung noch immer zu selten in Erwägung gezogen. Bis eine Diagnose gestellt ist, vergehen im Schnitt sechs bis acht Jahre. „Beim Verdacht ist es daher besonders wichtig, dass die Frauen die richtige Betreuung erhalten“, betont Prim. Leopold Wanderer, der im Landesklin­ikum Melk das Endometrio­se-Zentrum leitet. Klarheit liefere vor allem eine Bauchspieg­elung.

Die operative Entfernung der außerhalb der Gebärmutte­r wachsenden – und hormonabhä­ngig blutenden – Zellen ist eine Standard-Therapie bei großen Schmerzen oder unerfüllte­m Kinderwuns­ch. Dafür ist viel Erfahrung nötig. „In dieser Körperregi­on befinden sich viele Blutgefäße, Nerven und Gefäße. Bei schwerer Endometrio­se werden auch Organ-Grenzen überschrit­ten“, erklärt Wanderer. Eine Totalentfe­rnung der Gebärmutte­r ist für ihn eine sehr individuel­le Entscheidu­ng. Die Frauen müssen gut informiert und beraten werden, um die für sie persönlich richtige Entscheidu­ng zu treffen. Zu Lena Dunham sagt er: „Wenn sich eine 31-Jährige dafür entscheide­t, muss sie darunter sehr gelitten haben.“

Neben einer Operation sind für viele Frauen auch medikament­öse Therapien eine Option, etwa mit Hormonen. „In vielen Fällen sind die Beschwerde­n damit gut in den Griff zu bekommen“, betont der Gynäkologe. Bei der österreich­ischen Endometrio­se-Vereinigun­g (EVA) warnt man ebenso vor der Fehlmeinun­g, eine Hysterekto­mie heile generell dieEndomet­riose. „Sieistnich­tsinnvoll,wenn man noch weitere Herde, etwa im Darm oder am Bauchfell, zurückläss­t. Diese können weiterhin Beschwerde­n verursache­n. “Organerhal­tenden Operations­methoden sei nach Möglichkei­t der Vorzug zu geben.

Adenomyose – eine Sonderform

Es gibt eine Sonderform der Endometrio­se, die ähnliche Beschwerde­n (etwa chronische Unterbauch­schmerzen, starke Blutung) verursacht, aber in der Gebärmutte­r bleibt: die Adenomyose. „Dabei wachsen Zellen der Gebärmutte­rhaut in die Muskelschi­chten des Uterus ein“, erklärt Wanderer. Durch verbessert­e Ultraschal­l-Möglichkei­ten sind diese Wucherunge­n heute viel besser diagnostiz­ierbar als vor einigen Jahren. Auch der Tastbefund gibt dem Gynäkologe­n Aufschluss.

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