Virtuosität ohne Selbstzweck
Kritik. Lahav Shani, Daniil Trifonov und die Wiener Symphoniker
Sie sind noch keine Dreißig und zählen zu den gefragtesten der Klassikszene. Lahav Shani, der Dirigent aus Tel Aviv, und der russische Klaviervirtuose Daniil Trifonov.
Mit seiner Interpretation von Robert Schumanns „Klavierkonzert in a-Moll“im Wiener Konzerthaus erwies er sich einmal mehr als einer der aufregendsten Solisten unserer Zeit.
Shani ist selbst Pianist und ließ am Pult der Wiener Symphoniker spüren, wo das Kraftzentrum war: an den Tasten des Steinway-Flügels. Atemberaubend abrupt änderte Trifonov die Stärke seiner Anschläge, als wollte er die Seelenkrisen des Komponisten einfangen. Manisch, bizarr, ironisch, dann wieder voller Poesie war sein Spiel. Seine exzessiven, ekstatischen Kadenzen verblüfften. Keine Variation glich der anderen. Grandios!
Verbundenheit mit dem Dirigenten zeigte Trifonov mit zwei virtuosen Zugaben aus Prokofjew-Sonaten, die zu dessen fünfter Symphonie überleiteten. Shani zähmte die Wucht des gigantischen Werks, das Prokofjew 1944 als Hymne auf die Menschheit komponierte.
Das mächtige Andante geriet hypnotisierend. Die Blechbläser brillierten. Oszillierend zwischen Ausdruck und zarter Poesie spannte Shani den Bogen über die Klüfte des Werks. Berechtigter Jubel!
KURIER-Wertung: