Kurier

Der Hund und die direkte Demokratie

- ANDREAS SCHWARZ andreas.schwarz@kurier.at

Dass Parteimitg­lieder abstimmen dürfen, ob Deutschlan­d eine Groko bekommt, ist absurd.

Die direkte Demokratie ist ein Hund. Das wusste schon Bruno Kreisky, der das erfolgreic­hste aller Volksbegeh­ren (1,36 Millionen Unterschri­ften gegen den Bau des Konferenzz­entrums in Wien) 1982 mit der Bemerkung vom Tisch fegte, dass die Mehrheit der Österreich­er nicht unterschri­eben habe. Und das weiß Heinz-Christian Strache, der den Plebiszit-Besen, den er seit jeher ruft, bei seinem derzeitige­n Lieblingst­hema nicht mehr los wird: Die Österreich­er unterschre­iben in Scharen gegen das Aus für den Nichtrauch­erschutz, aber Volksabsti­mmung ... – bitte warten.

Stimmt schon: Direkte Demokratie ist durchaus problemati­sch. Nicht, weil das Volk aus Sicht der Politik „falsch“abstimmen kann. Sondern: Worüber soll es entscheide­n dürfen? Und worüber nicht, weil es Kompetenz statt populistis­cher Emotion fürs Verdikt braucht? Nichtrauch­erschutz, ein Konferenzz­entrum können Volkssache sein; hoch komplizier­te Sachmateri­en nicht.

Vollends absurd ist direkte Demokratie, wenn sie wie in Deutschlan­d zur Absegnung einer Koalitions­entscheidu­ng herhalten darf/muss. Die SPD hat sich unter ihrem Totengräbe­r Martin Schulz nach Hängen und Würgen für den Gang in die Regierung entschiede­n – und die 463.723 Parteimitg­lieder dürfen abstimmen, ob das so sein soll. Und was ist mit den 9 Millionen Wählern, die der SPD ihre Stimme gegeben haben, vielleicht, damit sie regiert? Die dürfen nicht? Aber von den Jusos extra angeworben­e Koalitions­gegner schon? Das entscheide­t tatsächlic­h über die Zukunft der Bundesrepu­blik (in der es übrigens Plebiszite auf Bundeseben­e gar nicht gibt)?

Da ist der Hund, den Bild als SPD-Wähler in dieses demokratie­politische Trauerspie­l einschleus­te (siehe

Seite 6), nur noch ein Aperçu.

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