Blaue unter Braunverdacht abgeblitzt
Universitäten. ÖVP wehrte sich gegen extrem auffällige Burschenschafter als Uni-Räte, einige schafften es dennoch
Gerhard Pendl hat 2006 eine Rede am Grab eines hochdekorierten NS-Luftwaffenoffiziers gehalten. Der Verfassungsgerichtshof sah darin eine „schwere Pflichtverletzung“, der Mediziner wurde 2008 wegen seiner „unkritischen Haltung zum Nationalsozialismus“als Universitätsrat abberufen.
Warum der Fall Pendl jetzt Thema ist? Er gilt als mahnendes Beispiel. Die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ können gemeinsam 59 UniRäte nominieren, die in den 22 Universitäten Österreichs die Funktion von Aufsichtsräten erfüllen. Am 1. März beginnt eine neue Amtsperiode.
EinePeinlichkeitwieinder Causa Pendl will man sich ersparen – zumindest die Türkisen, die mit den Vorschlägen der FPÖ ihre liebe Not hatten. Viele blaue Akademiker sind bekanntlich in deutschnationalen Burschenschaften.
Wissenschaftsminister Heinz Faßmann machte klar: „Wenn wir sehen, dass es bei den vorgeschlagenen UniRäten publizierte Texte oder Äußerungen gibt, die ganz klar aus dem rechtsextremen Eck kommen, können wir ausschließen, dass diese Personen bestellt werden.“
Heute wird die komplette Liste im Ministerrat beschlossen. 43 Kandidaten sind neu, der Frauenanteil von 50 Prozent wurde erfüllt. Und von jenen drei kritischen Namen auf FPÖ-Seite, die der KURIER Ende Jänner aufgedeckt hat, wurden zwei gestrichen. Das sind Werner Kuich, ein Mathematiker, der einem Verein angehörte, der die nationalsozialistische Rassenideologie vertritt; und Philipp Raich, Mitglied der Leobener Burschenschaft Leder, gegen die gerade die Staatsanwaltschaft wegen Verhetzung ermittelt.
Beim dritten Kandidaten dürfte die Suppe letztlich zu dünn erschienen sein: Alois Gruber soll Uni-Rat an der Karl-Franzens-Universität in Graz werden. Er ist Mitglied der Burschenschaft „Arminia Czernowitz zu Linz“, die laut dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) deutschvölkisch und weitgehend dem rechtsextremen Milieu zuzuordnen ist. Ihr gehört auch der Linzer FPÖ-Chef
Detlef Wimmer an. Gruber hat zudem in der rechtsextremen Zeitschrift Aula einen Artikel veröffentlicht.
„Heil“als üblicher Gruß
Ein weiterer Name sticht hervor: Reinhard Kienberger geht an die TU Graz. Der Salzburger war zu seiner Studienzeit Sprecher der „Akademischen Burschenschaft Oberösterreicher Germanen in Wien“, der auch der geschasste Uni-Rat Pendl angehört.
Als sich der Physiker 2013 für einen Lehrstuhl an der Technischen Uni in Berlin bewarb, protestierten Studentenvertreter. Kienberger hatte in einem Interview mit dem Salzburger Echo erklärt, er sei „deutschnational, aber alles andere als rechtsextrem“. Das DÖW bezeichnete er als eine „von Linksextremisten gegründete PrivatStasi“, er verwehre sich gegen jegliche Klassifizierung. Auf Nachfrage von Studenten der TU Berlin erklärte er zudem, er habe mit der Begrüßung „Heil“kein Problem, da diese in seiner Heimatgemeinde üblich sei. Aus dem Berlin-Plan wurde letztlich nichts, Kienberger lehrt aber weiterhin an der TU München.
An die Uni Wien schickt die FPÖ mit Reinald Riedl einen Arzt, der als stellvertretender Vorsitzender der „Libertas Wien“aufscheint. Der Verbindung gehört auch FPÖKlubchef Walter Rosenkranz an. Die Libertas hat laut DÖW den neonazistischen „Bund Freier Jugend“2009 mit dem „Carl von Hochenegg-Preis“geehrt, weil er „durch volkstreue Aktivitäten stärkster staatlicher Repression ausgesetzt“gewesen sei.
Bernd Stöckl kommt an die Klagenfurter Uni und ist Mitglied der „Akademischen Landsmannschaft Tyrol“, die dem deutschnationalen Lager zugeordnet werden kann. Christof Sommitsch , TU Wien, ist Mitglied des „Corps Schacht“, der ältesten Verbindung Leobens.