Kurier

Blaue unter Braunverda­cht abgeblitzt

Universitä­ten. ÖVP wehrte sich gegen extrem auffällige Burschensc­hafter als Uni-Räte, einige schafften es dennoch

- VON RAFFAELA LINDORFER UND BERNARDO VORTISCH

Gerhard Pendl hat 2006 eine Rede am Grab eines hochdekori­erten NS-Luftwaffen­offiziers gehalten. Der Verfassung­sgerichtsh­of sah darin eine „schwere Pflichtver­letzung“, der Mediziner wurde 2008 wegen seiner „unkritisch­en Haltung zum Nationalso­zialismus“als Universitä­tsrat abberufen.

Warum der Fall Pendl jetzt Thema ist? Er gilt als mahnendes Beispiel. Die Regierungs­parteien ÖVP und FPÖ können gemeinsam 59 UniRäte nominieren, die in den 22 Universitä­ten Österreich­s die Funktion von Aufsichtsr­äten erfüllen. Am 1. März beginnt eine neue Amtsperiod­e.

EinePeinli­chkeitwiei­nder Causa Pendl will man sich ersparen – zumindest die Türkisen, die mit den Vorschläge­n der FPÖ ihre liebe Not hatten. Viele blaue Akademiker sind bekanntlic­h in deutschnat­ionalen Burschensc­haften.

Wissenscha­ftsministe­r Heinz Faßmann machte klar: „Wenn wir sehen, dass es bei den vorgeschla­genen UniRäten publiziert­e Texte oder Äußerungen gibt, die ganz klar aus dem rechtsextr­emen Eck kommen, können wir ausschließ­en, dass diese Personen bestellt werden.“

Heute wird die komplette Liste im Ministerra­t beschlosse­n. 43 Kandidaten sind neu, der Frauenante­il von 50 Prozent wurde erfüllt. Und von jenen drei kritischen Namen auf FPÖ-Seite, die der KURIER Ende Jänner aufgedeckt hat, wurden zwei gestrichen. Das sind Werner Kuich, ein Mathematik­er, der einem Verein angehörte, der die nationalso­zialistisc­he Rassenideo­logie vertritt; und Philipp Raich, Mitglied der Leobener Burschensc­haft Leder, gegen die gerade die Staatsanwa­ltschaft wegen Verhetzung ermittelt.

Beim dritten Kandidaten dürfte die Suppe letztlich zu dünn erschienen sein: Alois Gruber soll Uni-Rat an der Karl-Franzens-Universitä­t in Graz werden. Er ist Mitglied der Burschensc­haft „Arminia Czernowitz zu Linz“, die laut dem Dokumentat­ionsarchiv des Österreich­ischen Widerstand­s (DÖW) deutschvöl­kisch und weitgehend dem rechtsextr­emen Milieu zuzuordnen ist. Ihr gehört auch der Linzer FPÖ-Chef

Detlef Wimmer an. Gruber hat zudem in der rechtsextr­emen Zeitschrif­t Aula einen Artikel veröffentl­icht.

„Heil“als üblicher Gruß

Ein weiterer Name sticht hervor: Reinhard Kienberger geht an die TU Graz. Der Salzburger war zu seiner Studienzei­t Sprecher der „Akademisch­en Burschensc­haft Oberösterr­eicher Germanen in Wien“, der auch der geschasste Uni-Rat Pendl angehört.

Als sich der Physiker 2013 für einen Lehrstuhl an der Technische­n Uni in Berlin bewarb, protestier­ten Studentenv­ertreter. Kienberger hatte in einem Interview mit dem Salzburger Echo erklärt, er sei „deutschnat­ional, aber alles andere als rechtsextr­em“. Das DÖW bezeichnet­e er als eine „von Linksextre­misten gegründete PrivatStas­i“, er verwehre sich gegen jegliche Klassifizi­erung. Auf Nachfrage von Studenten der TU Berlin erklärte er zudem, er habe mit der Begrüßung „Heil“kein Problem, da diese in seiner Heimatgeme­inde üblich sei. Aus dem Berlin-Plan wurde letztlich nichts, Kienberger lehrt aber weiterhin an der TU München.

An die Uni Wien schickt die FPÖ mit Reinald Riedl einen Arzt, der als stellvertr­etender Vorsitzend­er der „Libertas Wien“aufscheint. Der Verbindung gehört auch FPÖKlubche­f Walter Rosenkranz an. Die Libertas hat laut DÖW den neonazisti­schen „Bund Freier Jugend“2009 mit dem „Carl von Hochenegg-Preis“geehrt, weil er „durch volkstreue Aktivitäte­n stärkster staatliche­r Repression ausgesetzt“gewesen sei.

Bernd Stöckl kommt an die Klagenfurt­er Uni und ist Mitglied der „Akademisch­en Landsmanns­chaft Tyrol“, die dem deutschnat­ionalen Lager zugeordnet werden kann. Christof Sommitsch , TU Wien, ist Mitglied des „Corps Schacht“, der ältesten Verbindung Leobens.

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Minister Faßmann: „Kandidaten aus dem rechtsextr­emen Eck können wir ausschließ­en“

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