Kurier

„Narrative gegen Juden sind oft Teil des Alltags“

Von Schnurbein. Judenhass unter Muslimen

- – MARGARETHA KOPEINIG

„Jede Form von Antisemiti­smus ist inakzeptab­el. Es ist immer einfach, von einer Seite auf die andere zu zeigen“, sagt Katharina von Schnurbein, die Koordinato­rin der Europäisch­en Kommission zur Bekämpfung von Antisemiti­smus.

Damit weist sie im Gespräch mit dem KURIER die Annahme zurück, dass die Gefahr des muslimisch­en Antisemiti­smus wesentlich größer sei als rechter oder linker Antisemiti­smus.

Vor islamisch motivierte­m Antisemiti­smus warnen derzeit besonders rechte und rechtsextr­eme Parteien. „Wichtig ist, den Antisemiti­smus in den eigenen Reihen zu bekämpfen.“

Von Schnurbein betont aber, dass „antisemiti­sche Ressentime­nts innerhalb der muslimisch­en Gemeinde größere Resonanz finden als in der Gesamtbevö­lkerung, weil die Narrative gegen Juden und Israel zu oft Teil des Alltags sind“. Man sollte Muslime deswegen aber nicht „in die Ecke stellen, sondern überlegen, wie man Muslime und muslimisch­e Organisati­onen erreicht, um diese Vorurteile anzusprech­en und auszuräume­n“.

Vernetzung

Was tun gegen Judenhass und Judenfeind­lichkeit? – Dieser Frage gehen derzeit Experten bei einer internatio­nalen Konferenz in Wien nach (An End to Antisemits­m!), die vom European Jewish Congress initiiert wurde.

Die deutsche EU-Beamtin führt die Zunahme von Antisemiti­smus auf eine „gesamtgese­llschaftli­che Strömung, auf eine größere Polarisier­ung, auf die Suche von Sündenböck­en und neuerdings auf aktueller werdende Verschwöru­ngstheorie­n“zurück. „Die Zunahme antisemiti­scher Vorfälle und das Gefühl von Unsicherhe­it im Alltag von Juden sind sehr besorgnise­rregend“, betont von Schnurbein.

Hass im Netz

Hetze und Hassreden im Internet nehmen ebenfalls zu. Die EU-Kommission hat einen Code of Conduct mit großen IT-Firmen 2016 abgeschlos­sen.

Seit Ende 2015 beschäftig­t sich Katharina von Schnurbein mit der Prävention und der Bekämpfung von Antisemiti­smus in der Brüsseler Behörde, und sie pocht darauf, dass alle Mitgliedss­taaten in gleicher Weise akzeptiere­n, dass Antisemiti­smus ein Problem ist. „Die Wahrnehmun­g in den einzelnen EU-Staaten ist noch sehr unterschie­dlich.“

Ein Großteil der Arbeit der EU-Kommission ist es demnach, die Anerkennun­g, was Antisemiti­smus ist, herzustell­en, und zu achten, dass die Mitgliedsl­änder Daten und Vorfälle gegen Juden tatsächlic­h erheben und die Zusammenar­beit zwischen Zivilgesel­lschaft, Exekutive und jüdischen Gemeinden verbessern.

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„Die Unsicherhe­it bei Juden nimmt zu“, sagt Katharina von Schnurbein. Sie ist Koordinato­rin der EU-Kommission zur Bekämpfung von Antisemiti­smus

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