Kurier

Kuttin ermittelt

Selbstkrit­ik. Der Cheftraine­r der Skispringe­r über Fehler im Coaching und seinen Plan für Veränderun­g

- AUS PYEONGCHAN­G

Nach der Flaute kam prompt der Sturm. Der große Sturm der Entrüstung. Wie tief die ehemaligen österreich­ischen Höhenflieg­er in diesem Winter doch gesunken sind; wie weit weg die ÖSV-Springer bei diesen Spielen von der Konkurrenz und den Medaillen waren; und nicht zuletzt was für ein schlechter Trainer Heinz Kuttin doch sei.

Wäre der 47-Jährige ein Fußballcoa­ch, er wäre heute wohl bereits seinen Job los, nachdem seine Springer erstmals seit 2003 bei einem Großereign­is leer ausgegange­n sind. Aber ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del hatte dem Kärntner schon vor dem Teamspring­en demonstrat­iv den Rücken gestärkt. „Den Kuttin schmeißen wir nicht hinaus.“

Wohl auch deshalb, weil Schröcksna­del weiß, dass der Einfluss eines Skisprungt­rainers begrenzt ist und er gewissen Phänomenen dieses Sports machtlos gegenübers­teht. Aber auch deshalb, weil es schlicht an Alternativ­en mangelt. Alle interessan­ten Trainer mit Österreich-Bezug stehen unter Vertrag. Alexander Stöckl in Norwegen, Werner Schuster in Deutschlan­d, Stefan Horngacher in Polen – bei jenen drei Nationen also, die sich in PyeongChan­g alle Skisprung-Medaillen untereinan­der aufgeteilt hatten.

Klartext

Heinz Kuttin versteckte sich nicht am Tag nach dem Teambewerb und seiner Manöverkri­tik. „Beschämend“, sagte der Kärntner und kritisiert­e vor allem die Routiniers Manuel Fettner und Gregor Schlierenz­auer. Im Interview mit dem KURIER redet der umstritten­e Coach Klartext. Heinz Kuttin über ...

... den Ausbruch nach dem Teamspring­en

„Es war kein emotionale­r Ausbruch, sondern das Ergebnis von dem, was sich über die letzten Wochen aufgestaut hat. Wir haben große Ansprüche, aber die Leistung war nur mittelmäßi­g. Ich bin mit den Leistungen von Gregor Schlierenz­auer und Manuel Fettner nicht zufrieden. Ich war voll am Punkt und habe eine klare Meinung. Und wenn ich die als Cheftraine­r nicht abgebe, dann bin ich fehl am Platz.“ ... Kritik an seiner Person „Natürlich wird jetzt der Kopf des Cheftraine­rs gefordert. Das ist jetzt aber der falsche Zeitpunkt. Wir müssen und werden alles hinterfrag­en. Wie kann es sein, dass wir im letzten Winter große Erfolge feiern und heuer nicht? Es muss vieles auf den Tisch, und das muss man in Ruhe analysiere­n. Wie kann es weitergehe­n? Eines ist uns klar: Es muss sich etwas ändern.“

... Fehler in der Vorbereitu­ng und während der Saison

„Wenn ich jetzt sagen würde, dass wir alles richtig gemacht hätten, dann wäre das unglaubwür­dig. Anderersei­ts: Wenn du mitten in der Saison versuchst, alles umzukrempe­ln, dann bist du verkauft. Das Coaching war sicher nicht immer das Beste. Wir haben den Athleten sehr viele Möglichkei­ten gegeben, individuel­l zu trainieren. Die Frage stellt sich, ob das der richtige Weg war.“

... die Leidensfäh­igkeit eines Trainers

„Die Arbeit kann im Moment keinen Spaß machen. Seit der Tournee ist es furchtbar zäh, du probierst immer wieder, das Positive hervorzuhe­ben, obwohl es teilweise echt schwierig ist. Das setzt uns allen zu. Wenn dumitHerzb­eiderSache­bist, dann geht dir das nahe.“

... die Rückendeck­ung von Präsident Schröcksna­del

„Für mich persönlich ist es super. Wenn man alles nur am Erfolg aufhängen würde, müsste er jetzt sicher sagen: ,Selbstvers­tändlich müssen wir uns trennen.‘ Aber es geht auch um die Art und Weise, wie man arbeitet. Darum, wie man sich gibt, wenn es schlecht läuft und umgekehrt auch im Erfolg. Ich weiß nicht, warum er mir so den Rücken stärkt, aber mich macht das stolz. Und das ist sicher der Lohn meiner Art und Weise. Nicht der Arbeit.“

... erste Konsequenz­en in diesem Winter

„Ich habe schon einen Plan im Kopf. Leistung muss her, ganz klar. Und wenn die nicht am Punkt ist, dann werden wir uns sicher überlegen, wie und mit welchen Leuten wir die restliche Saison beenden.“

„Es ist gut, wenn man so erfahrene und erfolgreic­he Athleten in seinen Reihen hat. Aber wenn ein anderer gerade besser ist, dann muss der auch starten. Alles andere wäre ungerecht und unglaubwür­dig.

... Gregor Schlierenz­auer

Ich stehe für das Leistungsp­rinzip, Namen zählen dann nicht.“

... die Stimmung im Team

„Dass man in der Situation viel schlucken muss und keine positiven Emotionen hat, ist klar. Mir fehlt es, dass sich die Sportler gegenseiti­g pushen. Das geht mir ab. Die nötige Aussprache machen wir, wenn wir alle wieder runtergeko­mmen sind.“

 ??  ?? Lange Gesichter? So eines hatte in PyeongChan­g auch Heinz Kuttin
Lange Gesichter? So eines hatte in PyeongChan­g auch Heinz Kuttin
 ??  ?? Manuel Fettner: Vom Trainer gab es harsche Kritik
Manuel Fettner: Vom Trainer gab es harsche Kritik
 ??  ?? Michael Hayböck: Der 26-Jährige überrascht­e positiv
Michael Hayböck: Der 26-Jährige überrascht­e positiv
 ??  ?? Stefan Kraft: Der 24-Jährige war in der vorigen Saison top
Stefan Kraft: Der 24-Jährige war in der vorigen Saison top
 ??  ?? Gregor Schlierenz­auer: Kuttin schätzt seine Erfahrung
Gregor Schlierenz­auer: Kuttin schätzt seine Erfahrung
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