Kurier

Julia – Wege zum Glück

Snowboard. Olympiasie­gerin Dujmovits über Ringe, Zweifel – und Yoga

- AUS PYEONGCHAN­G CHRISTOPH GEILER

Julia Dujmovits gewann vor vier Jahren in Sotschi Olympia-Gold im Parallelsl­alom. Am Donnerstag startet die 30-jährige Snowboarde­rin aus dem Burgenland in PyeongChan­g mit der Qualifikat­ion das Projekt Gold im Parallel-Riesenslal­om. Wie sehr Olympia Dujmovits geprägt hat, zeigt sich an ihrem rechten Unterarm, auf den sie sich die olympische­n Ringe hat tätowieren lassen.

KURIER: Wie präsent ist eigentlich der Olympiasie­g von 2014 noch bei Ihnen?

Julia Dujmovits:

Der Olympiasie­g ist vor allem in der Hinsicht sehr präsent, weil ich seit damals weiß, dass ich alles erreichen kann, was ich mir zum Ziel setze. Es gibt Sicherheit, dass ich auf diese Erfahrunge­n zurückgrei­fen kann. Ich weiß, dass ich es auf den Punkt bringen kann. Ich habe es schon bewiesen.

Das Wichtigste ist, bereit zu sein und seinen Fähigkeite­n voll und ganz zu vertrauen. Einfach loslassen und nicht großartig nachdenken. Ich weiß, das klingt leichter, als es ist. Aber bei mir war das damals in Sotschi definitiv der Fall.

Ist es gut zu wissen, dass Sie bereits eine Goldmedail­le haben, oder ist das auch eine Bürde? Stichwort: Erwartungs­haltung und Favoritenr­olle.

Mein Olympiasie­g ist auf jeden Fall mehr Segen als Fluch. Ich bin jedenfalls sehr froh darüber, dass ich gleich bei meinen ersten Spielen Gold geholt habe. Die vergangene­n vier Jahre habe ich das Ziel verfolgt, diesen Erfolg zu wiederhole­n. Wenn nicht das mein Ziel gewesen wäre, hätte ich auf hören müssen.

So ein Ziel macht die Gefahr zu scheitern aber sehr groß.

Das stimmt, aber anders funktionie­rt es nicht. Soll ich jetzt sagen: ,Hey, alles easy, ich fahr’ einfach mal drauflos?‘ Mit dieser Devise wirst du nicht erfolgreic­h sein. Kann sein, dass ich in der Hinsicht ein bisschen anders bin. Für mich hat es das halt nie gegeben, dass nur eine Medaille das Ziel war. Ich wollte immer nur gewinnen.

Sie stellen an sich extrem hohe Ansprüche.

Für mich stand Olympia immer über allem. Wenn ich die Wahl hätte zwischen zehn Weltcup-Gesamtsieg­en oder Olympia-Gold, dann ist klar, wofür ich mich entscheide. Es hängt immer von der Zielsetzun­g ab, ob man irgendwann in ein Motivation­sloch fällt oder nicht.

Ich gebe es offen zu: Der Weg dorthin war sicher interessan­ter als dann das Leben als Olympiasie­gerin. Wenn ich heute zurückblic­ke, erinnere ich mich vor allem daran, wie ich mich auf Olympia vorbereite­t habe, was ich alles dafür getan habe und wie oft ich gezweifelt habe. Sie haben gezweifelt?

Ich hab’ nicht schlafen können, ich hab’ mir gedacht: Fuck, was für ein Brettl nehme ich jetzt? Wie schaff’ ich das bloß?

Und wie haben Sie es dann wirklich geschafft?

Mario Stecher hat mir bei derEinklei­dungeinenw­ichtigen Tipp gegeben. Er hat gemeint: ,Fahr genau das, was du kannst, und ja kein Prozent mehr.‘ Es ist ja auch wirklich so: Sobald du mehr probierst, als du draufhast und kannst, scheiterst du.

Wie bringt man es denn am Tag X auf den Punkt?

Hatten Sie denn nach Ihrem

Olympiasie­g Motivation­sprobleme?

Das klingt einfacher, als es wahrschein­lich ist.

Aber es ist genau das, worum es geht und was man verstehen muss: Bei den Olympische­n Spielen kannst du im Grunde nichts mehr tun. Da ist es nur noch zum Abholen. Alles andere hast du vorher machen müssen. Ich erinnere mich immer wieder gerne zurück an Sotschi: Da bin ich daheim in der Hängematte gelegen und hab’ mir gesagt: „Jetzt flieg’ ich dahin, hol’ das Gold ab und flieg’ wieder heim. Alles erledigt.‘

Wie geht’s einem Sportler, wenn er sein Lebensziel erreicht hat? Ist er glücklich? Fühlt er eine gewisse Leere?

Glückliche­rweise gab es nach Olympia die Heim-WM am Kreischber­g. Da habe ich Silber gewonnen, und dann ist mir durch den Kopf gegangen, dass ich es jetzt eigentlich lassen könnte. Da habe ich gemerkt, dass es mich nicht mehr so zieht, dass mir der innere Antrieb fehlt.

Und warum haben Sie die Karriere dann nicht beendet?

Weil ich begonnen habe, intensiv das Ziel Olympia zu verfolgen. Nur das hat auch mein Ziel sein können. Ich habe keine Angst davor, zu sagen, dass ich hier bin, um zu gewinnen. Das ist mein Antrieb: Ich bin nur zufrieden, wenn ich erfolgreic­h bin. Und nur darum geht es. Ich bin nicht der Typ, der Ehrungen braucht oder im Mittelpunk­t stehen muss.

Abschließe­nd: Sie sind Yogalehrer­in und haben sogar eine eigene TV-Sendung. Wie wichtig ist Yoga für Sie?

Am Anfang war mein Zugang zum Yoga in erster Linie ein sportliche­r. Es ist darum gegangen: Wie und wo hole ich dieses eine Prozent heraus, damit ich Gold hole, und nicht Silber? Mittlerwei­le ist es eine Lebenseins­tellung. Yoga hilft einer Chaosfrau wie mir, mich aufs Wesentlich­e zu konzentrie­ren.

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Unter Strom: Die Boarder Benjamin Karl und Julia Dujmovits
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