Kurier

Prozess um chinesisch­e Menschenhä­ndler gestartet

Sie sollen 77 junge Frauen nach Österreich gelockt und ausgebeute­t haben / „Keine Sex-Sklavinnen“

- – RICARDO PEYERL

Am Wiener Landesgeri­cht wurde am Dienstag ein auf mehrere Wochen anberaumte­r Prozess gegen mutmaßlich­e Mitglieder einer chinesisch­en Menschenhä­ndler-Bande eröffnet. Die neun Angeklagte­n (Verteidigu­ng Wolfgang Blaschitz, Karl Bernhauser) sollen einer Mafia-Vereinigun­g angehört haben, die laut Anklage von Herbst 2011 bis 2016 insgesamt 77 junge Chinesinne­n nach Österreich lockte. Ihnen sollen Jobs als Babysitter­in- nen zugesicher­t worden sein, in Wahrheit habe man sie zur Prostituti­on gezwungen und ausgebeute­t.

Ein Angeklagte­r spielte Anwalt und „half “bei Amtswegen, eine Angeklagte fungierte als (extra entlohnte) Dolmetsche­rin. Als Hauptangek­lagter gilt ein 40-jähriger Chinese, der in Wien offiziell als Koch angemeldet war, in Wahrheit aber mehrere einschlägi­ge SexStudios leitete. Anwalt Bernhauser wies zurück, dass es zu Gewalt, Ausbeutung und dem Ausnützen von Zwangslage­n gekommen sei. Die Frauen hätten genau gewusst, worauf sie sich einließen: „Die sind als Touristinn­en gekommen und haben dann unter falschen Namen um Asyl angesucht. Indem sie erzählt haben, sie hätten in China Elfenbein-Knöpfe verkauft, ihren Mann verlassen oder ihr Haus bei einem Erdbeben verloren. Drei Monate später haben sie legal als Prostituie­rte gearbeitet.“

In den Studios hätten die Frauen die Hälfte ihres Ver- dienstes behalten dürfen. 50 Prozent kassierte der Betreiber, „aber der hat auch alles, was zum Sexualverk­ehr nötig war, zur Verfügung gestellt. Präservati­ve, Schminke, weiß der Teufel was“, betonte Bernhauser. Bis zu 8000 Euro monatlich hätten die Prostituie­rten verdient. Eine hätte gar 100.000 Euro in die Heimat überwiesen: „Die sind nicht ausgebeute­t worden. Die haben hier eine absolute Freizügigk­eit genossen.“

Ihre Arbeitsplä­tze hätten sich die angebliche­n Opfer teilweise sogar über Annoncen im Internet ausgesucht. „Es kann keine Rede davon sein, dass sie wie Sex-Sklavinnen gehalten wurden“, meinte Bernhauser und verwies darauf, dass es allein in Wien immer noch 30 Studios gibt, in denen asiatische Damen angeboten würden.

Und das, obwohl der Hauptangek­lagte seit Monaten in U-Haft sitzt.

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