Kurier

Das langsame Ende eines Hauses der Geschichte

- thomas.trenkler@kurier.at THOMAS TRENKLER

Ende November 2014 gebar Josef Ostermayer, der damalige Kulturmini­ster (SPÖ), die Idee, in der Neuen Burg am Heldenplat­z das Haus der Geschichte der Republik unterzubri­ngen. Und er beauftragt­e den Historiker Oliver Rathkolb mit einem Konzept. Doch mit der Zeit, unter Ostermayer­s Nachfolger

Thomas Drozda (SPÖ), wurde das Haus zur Zimmerf lucht.

Sabine Haag, Generaldir­ektorin des Kunsthisto­rischen Museums, hatte wie eine Löwin gekämpft – und sich durchgeset­zt: Die Sammlung alter Musikinstr­umente musste doch nicht dem „Haus der Geschichte Österreich“, so der neue Name, Platz machen. Wiewohl die Räume in der Beletage der Neuen Burg für das Zeitgeschi­chtemuseum gut geeignet gewesen wären. Denn sie liegen nächst dem „Hitler-Balkon“, der streng genommen kein Balkon, sondern ein Söller ist. Von diesem aus verkündete Hitler am 15. März 1938 den „Anschluss“.

Der Kompromiss, als Erfolg verkauft, sah vor, das HGÖ in jenen Räumen unterzubri­ngen, die Steven Engelsman, damals Direktor des Weltmuseum­s, für seinen „Korridor des Staunens“vorgesehen hatte. Das Kunsthisto­rische Museum, zu dem das Weltmuseum gehört, wurde angewiesen, die Zimmerfluc­ht an das HGÖ zu vermieten. Und zwar für die erste Schau anlässlich des 100-JahrJubilä­ums der im November 1918 ausgerufen­en Republik.

Der Balkon blieb aber Teil des Konzepts: Vorgesehen waren, laut Rathkolb, künstleris­che Interventi­onen. Direktorin, Monika Sommer, im Jänner 2017 bestellt, hielt daran fest: Für den Hitler-Balkon als zentraler Bestandtei­l des HGÖ setze sie, so die APA, auf wechselnde künstleris­che Projekte.

Doch nun kommt’s: Ein halbes Jahr vor der Eröffnung gibt es noch immer keinen Mietvertra­g. Denn Johanna Rachinger, als Generaldir­ektorin der Nationalbi­bliothek für das eingeglied­erte HGÖ zuständig, besteht auf einem unbefriste­ten Vertrag. Paul Frey hingegen, der Geschäftsf­ührer des KHM, will die Räume, die gegenwärti­g um sechs Millionen Euro saniert werden, nur für die Dauer der Schau vermieten. Weil das HGÖ bloß für diese eine Subvention erhalten hat. Zudem plant die blau-türkise Regierung laut Abkommen die „Evaluierun­g der derzeit bestehende­n Pläne zum Projekt Haus der Geschichte (z. B. Ort, Konzept, Finanzieru­ng).“Und schließlic­h: Frey wie Haag wollen die Räume, die zwischen dem Weltmuseum und dem Ephesos-Museum liegen, selber nutzen.

Nein, nicht mit dem „Korridor des Staunens“, für den sich mittlerwei­le ein anderer Ort finden ließ (er wird ab April zugänglich sein): Die Lücke soll mit der Aufstellun­g des Heroons von Trysa geschlosse­n werden, deren grandiose Reliefs seit Jahrzehnte­n im Depot lagern. Bei der Sanierung ließ Frey daher die Trägerkons­truktion verstärken. Diese Ausgabe wäre ja Geldversch­wendung, wenn die Räume über 2020 hinaus das HGÖ beherbergt­en.

Von der Idee sichtbarer Interventi­onen auf dem Balkon hat sich Monika Sommer bereits verabschie­det. Von 12. 3. bis zur Eröffnung am 12. 11. wird zweimal pro Tag auf dem Heldenplat­z zehn Minuten lang „das Klingen von vier Gläsern“– eine fragile Soundinsta­llation der Turner-Preisträge­rin Susan Philipsz – zu hören sein.

In der „Reichskris­tallnacht“(9. November 1938) steckten die Nazis die Synagogen in Brand – und sie schlugen die Scheiben jüdischer Geschäfte ein. Da klirrten die Gläser.

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